Amnesty International schaut auf die beliebtesten Reiseziele der Deutschen"
Hinze weiss, das in Ägypten, Tunesien, den Malediven und Dubai die Menschenrechtslage eindeutig zu wünschen übrig lässt. Aber in Italien, Kroatien und Dänemark ist die Welt doch in Ordnung?
„Über Länder wie China, Burma oder Ägypten lässt sich schnell urteilen: "Demokratie? Niemals! Da fahren wir nicht hin!" Doch wie sieht es in den beliebtesten Reisezielen der Deutschen im Sommer 2013 aus? Ist dort alles besser – ist dort alles demokratischer?
Die Frage gehört zum Burma- oder China-Trip genauso sicher wie der Reisepass: Muss denn dieser Urlaub wirklich sein? Politisch-korrekt ist eine solche Reise kaum. Schwer fällt die Rechtfertigung, denn zu tief haben Negativschlagzeilen das jeweilige Image geprägt. Zu eindeutig sind Berichte über die schlechten Demokratie- und Menschenrechtslagen in Ländern wie Burma und China. Und die Liste der potentiellen „No-Go-Staaten“ ließe sich schnell verlängern: Dubai, Indonesien, Ägypten, Tunesien, Malediven oder der halbe afrikanische Kontinent. Von Nord-Korea wollen wir erst gar nicht sprechen. Bei all diesen Zielen ist die Sache klar: Urlaub ist schön, aber die müssen es nun wirklich nicht sein.
Komplizierter wird die Lage bei einer anderen Kategorie: den beliebtesten Pauschalreisezielen der Deutschen im Sommerurlaub 2013. Da, wo nicht der Reise-Exot sein Haupt bettet, sondern die großen Veranstalter ihr Massengeschäft abwickeln. Was ist mit den populären Massenzielen, die zumeist in wenigen Stunden zu erreichen sind? Geht dort alles demokratisch und geregelt zu, nur weil die meisten der Ziele in Europa liegen?
Unter den Top 10 der deutschen Reiseziele sind zwar keine ausgemachten Militär-Diktaturen zu finden, doch Ziele wie Spanien, Türkei, die Niederlande bis hin zu Dänemark sind alles andere als „weiße Flecken“ auf der Karte der Menschenrechtsverletzungen, so stellt Amnesty International zur Hauptreisezeit eindeutig fest: Vor allem wird Polizeigewalt gegen Demonstranten, Diskriminierung von Minderheiten und der Umgang mit Flüchtlingen und Asylsuchenden beanstandet.
„Hinter dem glitzernden Meer, den luxuriösen Hotels und den Bilderbuchlandschaften gibt es eine dunklere Welt von Tragödien und Menschenrechtsverletzungen“, so Kate Allen, Direktorin von „Amnesty International UK“. Weiter gibt Allen zu bedenken: „Urlaub ist eine Zeit zum Relaxen und zum Vergessen der Alltagssorgen. Wir erwarten nicht, dass Urlauber sich intensiv über die Lage der Menschenrechte in ihrem jeweiligen Urlaubsland informieren. Aber wenn die Sonnenbräune wieder verblasst ist und die Urlaubsfotos abgeheftet sind, dann ist es eine gute Zeit, sich mit den Themen zu beschäftigen, die die Einheimischen nach der Abreise der Touristen auch weiterhin betreffen."
Menschenrechtsbedenken zu Deutschland( nach AI):"There are concerns about the police’s use of excessive force against protesters and discriminatory behaviour toward people from ethnic minorities in Germany. The government has flouted international law by requesting “diplomatic assurances” as an apparent means to circumnavigate the international prohibition over sending people to countries where they face a risk of torture. Amnesty has criticised the country’s inadequate asylum system, particularly its use of fast-track measures at airports.
Es geht also in dieser Übersicht nicht um den erhobenen Zeigefinger. Es geht vor allem um ein kleines Stück Nachdenklichkeit und um ein etwas bewussteres Bereisen des ausgewählten Urlaubsziels. THE RECEPTION INSIDER veröffentlicht exklusiv die Liste der Menschenrechtsbedenken zu den TOP 10 der deutschen Reiseziele im Sommer 2013.
Dabei werden die Bewertungen im Originaltext widergegeben. Also in der englischen oder der deutschen Version. Dies geschieht, um mögliche Ungenauigkeiten bzw. Fehler bei der Übersetzung zu vermeiden. Die Bewertungen (auf englisch) stammen aus der "Amnesty"-Zentrale in London, die ihre Einschätzungen am 1. August veröffentlichte. Die Bewertungen (auf deutsch) stammen aus den sogenannten Länderreports, die die deutsche Vertretung von Amnesty International in Berlin Mitte des Jahres veröffentlichte.
1. SPANIEN
9,0 Mio. deutsche Touristen (2012) // Marktanteil: 13%
Menschenrechtsbedenken: Excessive use of force by police during austerity protests. Lack of justice for victims - and their relatives - of the Franco dictatorship. Roma people forcibly evicted from their homes without adequate alternative accommodation.
2. ITALIEN
8,25 Mio. deutsche Touristen (2012) // Marktanteil: 8,4%
Menschenrechtsbedenken: Roma people have been the victims of forced evictions by the authorities. Conditions in detention centres for irregular migrants are well below international standards. Migrant workers are exploited and vulnerable to abuses. Italy has no systematic measures to prevent human rights violations by police or to ensure accountability for them. The country’s Supreme Court has ruled that same-sex marriages conducted overseas have no standing in the Italian legal system.
3. TÜRKEI
5,1 Mio. deutsche Touristen (2012) // Marktanteil: 7,3%
Menschenrechtsbedenken: Trotz einiger zögerlicher Reformen blieb die Meinungsfreiheit weiterhin eingeschränkt. Die Polizei ging bei der Auflösung friedlicher Demonstrationen mit unverhältnismäßiger Gewaltanwendung vor. Die Untersuchungen und strafrechtlichen Verfahren zu mutmaßlichen Menschenrechtsverletzungen durch Staatsbedienstete waren mit Mängeln behaftet. Auch 2012 wurden auf der Grundlage der Antiterrorgesetze unfaire Gerichtsverfahren durchgeführt. Bei Bombenanschlägen kamen auch Zivilpersonen zu Tode. Die Bemühungen um Anerkennung des Rechts auf Kriegsdienstverweigerung und um ein Verbot der Diskriminierung aus Gründen der sexuellen Orientierung oder der geschlechtlichen Identität blieben erfolglos. Der rechtliche Schutz für Frauen und Mädchen vor Gewalt wurde zwar gestärkt, doch die Umsetzung der Mechanismen in die Praxis war unzulänglich. Bis zum Jahresende suchten fast 150000 syrische Flüchtlinge Zuflucht in der Türkei.
Zur aktuellen Lage in Istanbul ergänzt "AI": “It is essential that the Turkish authorities take action to stop police violence and learn the lessons for policing demonstrations in the future. They must also publish a full list of those injured after the protests, the nature of their injuries and ensure those responsible are held accountable.” (4.6.2013)
4. ÖSTERREICH
3,8 Mio. deutsche Touristen (2012) // Marktanteil: 5,5%
Menschenrechtsbedenken: Der Tatbestand der Folter wurde in das österreichische Strafgesetzbuch aufgenommen. Nach wie vor bestanden Bedenken über rassistisches Verhalten im Strafjustizwesen. Der Rechtsschutz für Asylsuchende wurde eingeschränkt. Im Jahr 2012 trafen erneut Meldungen über rassistisch motivierte Polizeiübergriffe gegen ausländische Staatsbürger und Angehörige ethnischer Minderheiten ein. Im Mai entschuldigte sich ein Sprecher des Innenministeriums bei dem gambischen Staatsbürger Bakary J., der 2006 nach einem erfolglosen Abschiebungsversuch von vier Polizeibeamten gefoltert worden war. Das gegen ihn verhängte Aufenthaltsverbot wurde im Juli (Anmerkung: 2012) aufgehoben. Die Verhandlungen über eine Entschädigung waren Ende 2012 noch nicht abgeschlossen.
5. KROATIEN
2,0 Mio. deutsche Touristen (2012) // Marktanteil: 2,9%
Menschenrechtsbedenken: Bei der strafrechtlichen Verfolgung völkerrechtlicher Verbrechen, die während des Kriegs von 1991 bis 1995 begangen wurden, gab es 2012 zwar Fortschritte, doch wurde die Straflosigkeit nicht entschieden genug bekämpft. Viele der mutmaßlich von Angehörigen der kroatischen Armee und der Polizei an kroatischen Serben und anderen Minderheiten begangenen Verbrechen blieben ungeahndet. Roma und kroatische Serben waren von Diskriminierung betroffen, ebenso wie Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender und Intersexuelle.
6. FRANKREICH
1,9 Mio. deutsche Touristen (2012) // Marktanteil: 2,8%
Menschenrechtsbedenken: Investigations into allegations of deaths in custody, torture and other ill-treatment by police are ineffective and inadequate.Since 2011 France has enforced a ban on the wearing of veils and burqas in public places, which Amnesty believes is an infringement of the rights of women in France to express their values, beliefs and identity.Thousands of Roma people have been left homeless after being forcibly evicted from informal settlements.The fast-track procedure for the assessment of asylum applications falls short of international standards.
7. POLEN
1,5 Mio. deutsche Touristen (2012) // Marktanteil: 2,1%
Menschenrechtsbedenken: Die Untersuchung der Beteiligung Polens am CIA-Programm für außerordentliche Überstellungen und Geheimgefängnisse kam nur schleppend voran. Der Öffentlichkeit wurden nach wie vor Informationen zum Fall von Abd al-Rahim al-Nashiri vorenthalten, mit dem sich der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte befasste. Es gab weiterhin Diskussionen über Gesetzesänderungen zum Schwangerschaftsabbruch. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschied, dass Polen das Recht eines Mädchens auf einen legalen Schwangerschaftsabbruch verletzt habe.
8. GRIECHENLAND
1,3 Mio. deutsche Touristen (2012) // Marktanteil: 1,9%
Menschenrechtsbedenken: Migrants and asylum-seekers face serious obstacles in registering their asylum applications and are often detained in squalid conditions for many months. Hate crimes on the basis of race and ethnicity have increased dramatically in the last year or so. Roma children are segregated or excluded from education in Greece, while Roma families have been evicted or threatened with eviction from their settlements. Amnesty International calls on the Greek authorities to immediately stop segregating Romani schoolchildren from their peers, after the European Court of Human Rights ruled that the practice in a local school district in central Greece amounted to discrimination. Gay rights activists say that homophobic violence has recently increased in Athens, with victims reporting that their attackers were members of extreme right-wing groups, including individuals from the far-right Golden Dawn party.
9. NIEDERLANDE
1,3 Mio. deutsche Touristen (2012) // Marktanteil: 1,9%
Menschenrechtsbedenken: There is excessive use of immigration detention centres, where conditions largely mirror those in criminal detention facilities. Last October the coalition government proposed a partial ban on the wearing of full-face veils by women on public transport and in health centres, school and government buildings. This raised concerns that the prohibition would violate the freedoms of expression and religion of women who choose to wear the burqa or niqab as an expression of their identity or beliefs. Amnesty is concerned about the use of discriminatory practices by law-enforcement officials, such as ethnic profiling.
10. DÄNEMARK
1,1 Mio. deutsche Touristen (2012) // Marktanteil: 1,6%
Menschenrechtsbedenken: In einem Bericht des Europäischen Parlaments wurde Dänemark nahegelegt, die Beteiligung des Landes an von den USA durchgeführten außerordentlichen Überstellungen unabhängig untersuchen zu lassen. Die Aussetzung der Überstellung von Häftlingen an den afghanischen Geheimdienst durch das dänische Militär wurde aufgehoben, obwohl den Betroffenen Folter und andere Misshandlungen drohten. Die Inhaftierungspraxis der Einwanderungsbehörden gab weiterhin Anlass zu Sorge, insbesondere was den Umgang mit besonders schutzbedürftigen Personen betraf.
Diese und weitere Geschichten von Peter Hinze finden Sie bei: https://www.reception-insider.com
Quelle: www.reception-insider.com
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