Raue Zeiten für einen Überflieger

Ballonfahrten auf dem Tempelfeld von Bagan

Die Nachricht schlägt ein wie eine Bruchlandung: Den weltweit berühmten Ballonfahrten über dem Tempel- und Pagodenfeld von Bagan droht massiver Gegenwind. Der Grund: Das „Department of Archaeology and National Museum“ verhängte neue Gesetze für die begehrten Touren. Die Folge: Es drohen massive Einbrüche beim Millionengeschäft. Reiseveranstalter versuchen zu beruhigen, verzeichnen aber schon erste Stornierungen.

Ab sofort müssen die Ballone über Bagan eine Mindestflughöhe zwischen mindestens 90 Metern (300ft) und 600 Metern (2000ft) einhalten. Zudem darf das Zentrum des Pagodenfeldes nur noch unter strengen Auflagen im Notfall überflogen werden und die Landung zum Ende der Fahrt muss weit von den geschichtsträchtigen Gebäuden durchgeführt werden. Bislang galt nur eine Flughöhe von 50 Metern (150ft) und es gab so gut wie keine Vorschriften über mögliche Fahrtrouten. Dies begeisterte eine immer größere Zahl von Touristen aus aller Welt – vor allem Fotografen, die Fotos direkt in Höhe der Pagoden machen durften. Zugleich gerieten Burmas Kulturschützer, bislang nicht gerade gerühmt für ihre professionelle, korruptionsfreie Arbeit, unter massiven Druck: Sie befürchten, dass bei Kollisionen zwischen Ballonen und Pagoden schwere Schäden an den Monumenten die Folge wären, so die staatliche Argumentation.
In der Hochsaison sind die Fahrten, die rund 350 US-Dollar kosten und täglich bereits am frühen Morgen gegen 5.00 Uhr starten, meist Monate im Voraus ausgebucht. Anbieter, die sich nicht an die neuen Regularien halten, riskieren nun ihre Fahrtlizenz. Die Nachrichtenagentur „Myanmar News“ berichtet bereits: „Die Einschränkungen könnten dramatische Folgen für die lokale Tourismusindustrie haben“. Die Vorschriften betreffen drei Veranstalter: Balloons Over Bagan, der Pionier bietet Fahrten bereits seit 1999 an; Oriental Ballooning, die Ende 2013 begonnen haben; und Golden Eagle Ballooning, die erst im November 2014 den Betrieb aufgenommen haben.
Die Firmen vor Ort sehen in den neuen Gesetzen nur einen positiven Aspekt: Die Fahrten dürfen überhaupt noch angeboten werden. Doch die Einschränkungen sind enorm. So hat Marktführer „Balloons over Bagan“ (BOB) bereits seine Partner und alle Reisebüros unmissverstädnlich aufgefordert: „Bitte informieren Sie ihre Kunden, das Überflüge und Flugsituationen für Nahaufnahmen sofort nicht mehr möglich sind, um Missverständnisse mit dem Ministerium und der Öffentlichkeit zu vermeiden!“ Schon warnt BOB vor Fahrtabsagen und bietet zugleich für manche Fahrten kostenlose Stornomöglichkeiten, um nicht gegen die neue Gesetzeslage zu verstoßen. "Viele Kunden kennen die neue Gesetzeslage noch gar nicht. Es wird sicher eine gewisse Verunsicherung folgen", so heißt es beispielsweise vom Anbieter The Real Myanmar in Yangon. Allein BOB unterhält 16 Ballone, die vor allem Gäste aus Deutschland, Spanien und Großbritannien buchen.

In den letzten zehn Jahren sind keine Notlandungen bekanntgeworden. Auch gibt es keine Berichte über Zusammenstöße zwischen Ballonen und Pagoden, so versichern die Anbieter einstimmig. Allerdings gelten die Windverhältnisse über Bagan als schwierig. Zudem besteht aufgrund der starken Nachfrage ein hoher Druck, Fahrten auch bei schlechten Wetterbedingungen durchzuführen. Häufiger landeten deshalb in der Vergangheit Ballone weit entfernt vom geplanten Zielort. Trotzdem überrascht die Strenge der neuen Gesetzesinitiative.

In der Luft mag die Regierung für „Ruhe“ sorgen. Am Boden herrscht dagegen weiter Chaos. Obwohl Hotelneubauten in weiten Teilen der historischen Zone streng verboten sind, gleicht Bagan selbst direkt neben vielen Pagoden oft einer Großbaustelle. Kritiker warnen, dass neue Gesetze für die Öffentlichkeit gelten würden, die sogenannten „Cronies“ jedoch weiterhin ihren eigenen Gesetzen folgen könnten. „Cronies“ sind zumeist ehemalige oder amtierende Generäle oder einflussreiche Geschäftsleute, die persönlich bzw. mit ihren Familienclans über gute Kontakte in die Regierung verfügen. So zitiert das Magazin „The Irrawaddy” einen Einwohner von Bagan: „Sie haben die ganze Umgebung in eine wahre Hotelzone verwandelt. Und alles wird von den Cronies beherrscht. Niemand weiß, wer das Land verkauft hat. Es sind sprachlos“.

Auch das neue Myanmar/Burma ist fest in der Hand der Familienclans, die vor allem im Tourismus das große Geschäft machen. „Wir haben Reports und Beschwerden an die Regierung geschickt, aber wir haben nie eine Antwort bekommen“, so Min Naing, Vorsitzender der Bagan Lovers’ Association“, zum Magazin “The Irrawaddy”. Kenner bezweifeln sehr, ob es der Wahlsiegerin und politischen Hoffnungsträgerin, Aung San Su Kyi, gelingen wird, die mafia-ähnlichen Strukturen der burmesischen Wirtschaft „trockenzulegen“.

Seit 1996 versucht die burmesische Militärregierung für Bagan den Status “UNESCO World Heritage Site” zu erhalten. Bislang vergebens. Nicht zuletzt wegen Kunstraub, Zwangsumsiedlungen, schlechter Restaurierungen vor Ort, Geldmangel, zu hoher Bautätigkeit direkt neben den Pagoden und umfangreicher Korruption. Mittlerweile bietet Bagan und Umgebung mehr als 140 Hotels mit über 6 000 Zimmern, die meisten in der Hand der Cronies, die so gut wie keine Baubeschränkungen zu befürchten haben.

Fürs große Geschäft sieht Bagans Zukunft also rosig aus. Für den Erhalt der historischen Gebäude dagegen ziehen dunkle Zeiten auf. Und Ballonfahrer könnten aus luftiger Höhe in nicht allzu ferner Zukunft mehr Neubauten als Pagoden bestaunen können.
Diese und weitere Geschichten von Peter Hinze finden Sie auch die unter https://www.reception-Insider.com

Quelle: Eigen

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