Die Renaissance des Lambrusco

Vom Pennerglück zum edlen Szenegetränk

Nein, bitte nicht gleich das Gesicht verziehen oder sich schmerzvoll an den Kopf fassen – Lambrusco ist nicht mehr diese süße Rotwein-Limo, die wir zu unserer Studentenzeit – gerne aus 2-Literflaschen, weil günstig - getrunken haben. Oft sehr zu unserem Leidwesen am nächsten Morgen!
Tempi passati. In Italien ist Lambrusco der meistverkaufte Wein und in New York ist der perlende Rote längst zum modischen Szenegetränk avanciert. Aber auch hierzulande setzt sich langsam die Erkenntnis durch, dass Lambrusco besser ist als sein Ruf.

Prickelnd, leicht und duftig, ist er der ideale Sommerwein, ein unkomplizierter Essensbegleiter: Zum Aperitif auf der Terrasse schmeckt er genauso wie zu Pizza, Pasta und Salat und als amabile auch hervorragend zum Dessert. Kaum ein anderer Wein ist so vielseitig wie dieser perlende Rotwein. Lambrusco ist übrigens ein Oberbegriff für verschiedene Spielarten einer Rebsorten-Familie. Sie reichen von zart rosa bis tief violett, von feinperlig trocken bis vollmundig, kräftig. Die beiden Weine der Azienda Agricola Pezzuoli stehen beispielsweise für die Bandbreite dieses Weins: der helle aus Sorbara-Trauben gekelterte Wein duftet nach Veilchen und hat nur 11,5% Alkohol ( da darf’s auch mal ein Glas mehr sein), der dunkle aus der Rebsorte Grasparossa ist vollmundig, erinnert an Brombeeren und getrockneten Pflaumen, passt hervorragend zur deftigen Küche der Emilia – zu Salami, Parmaschinken und Parmesan.

Lambrusco ist keine Neuzüchtung. Schon zu Römerzeiten gab es am Rand der Po-Ebene eine „vitis labrusca“, die in alten Schriften erwähnt wurde. Doch so spritzig wie heute war der Wein damals bestimmt nicht. Erst die Erfindung von Reinzuchthefen machte es möglich, dass er so prickelnd wurde. Nachdem er sein Billig-Image hinter sich gelassen hat, bemühen sich in der Gegend um Modena und Reggio Emilia mehrere Konsortien darum, die Qualität ständig zu steigern. Das Anbaugebiet des Lambrusco reicht von der Po-Ebene bis hinauf in die Ausläufer des Appenin.

So unterschiedlich Böden und Klima sind, so unterschiedlich fallen die Weine aus. Auf dem „Weg nach Canossa“ (wir erinnern uns dunkel an den Geschichtsunterricht) begegnen uns genauso Lambrusco-Weinberge wie auf dem Weg zu Maserati, Lamborghini und Ferrari. Denn diese Nobel-Automarken, die rund um Modena angesiedelt sind, liegen mitten im Anbaugebiet. Selbst bei einem Besuch im spektakulären Ferrari-Museum in Maranello, vor den Toren der Welterbestadt Modena, lässt sich das Rot des Weins mit dem legendären Ferrari-Rot vergleichen. Aber auch die Altstadt von Modena wird viel zu oft links liegen gelassen (wenn man von Norden kommt). Es lohnt sich, anzuhalten und in einer der Bars oder in einem Restaurant auf ein Glas Lambrusco einzukehren.
Ach ja, auch Don Camillo und Peppone hat der rote Schaumwein bereits geschmeckt . Falls Sie einmal in das verträumte Örtchen Brescello in der Poebene kommen – gönnen Sie sich dort einen Lambrusco mit dem Konterfei der beiden Kontrahenten – schon alleine der Nostalgie wegen. Denn in diesem Ort wurden die legendären Filme gedreht und Wein und Museum erinnern daran.

Heute ist Lambrusco nicht nur DOP sondern auch top! DOP ist die Herkunftsbezeichnung, „Demoninazione di origine protetta“, und bedeutet, dass es sich hier um einen Qualitätswein handelt, der nach bestimmten Richtlinien in einem definierten Anbaugebiet hergestellt wurde. Der trockene Grundwein wird auf 0 Grad heruntergekühlt, nach Bedarf werden Hefen zugesetzt, die Temperatur erhöht und eine zweite Gärung in Gang gesetzt, die den Wein dann zu dem machen, was er ist: ein spritziger Rosé oder Rotwein, der immer kühl, frisch und jung getrunken wird. Inzwischen gibt es Lambrusco auch als Flaschengärung, also im Champagnerverfahren hergestellt, feinperlig und elegant – zum Beispiel in dem Weingut Cavaliera in Castelvetro bei Modena. Hier kann man den Wein nicht nur im Keller verkosten, sondern am Wochenende auch im dazugehörenden Agriturismo genießen. Er passt hervorragend zu hausgemachter Pasta mit Kürbis, zu Risotto, Mortadella, Salami und Käse.

Viele Winzer und Cooperativen bieten Weinproben an. In Bars und Restaurants dieser Gegend ist er sowieso allgegenwärtig. Es ist also gar nicht so schwer seinen Lieblings-Lambrusco zu finden.

Weitere Informationen unter https://www.visitmodena.it
Sowie unter https://www.lambrusco.net , https://www.cavaliera.it
Und https://www.pezzuoli.it

Quelle: eigen

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