Der Sommerurlaub der Lipizzaner-Hengste am Heldenberg
„Jede Kreatur hat das Recht auf Ferien“, sagt Jacques Tati in seinem Film „Die Ferien des Monsieur Hulot“. Und das gilt natürlich auch für Pferde. Wer das Feriendomizil der stattlichen Lipizzaner Hengste am Heldenberg sieht, könnte allerdings auf die stattlichen Vierbeiner fast ein wenig neidisch werden. Rund 50 Kilometer nordwestlich von Wien liegt das Gestüt der Spanischen Hofreitschule in Kleinwetzdorf am Heldenberg. Eingebettet in eine Hügellandschaft unter dem Grabmal von Feldmarschall Radetzky. Ein richtiges Pferdeparadies. Jeden Morgen, wenn die Temperaturen noch kühl sind, dürfen die Vierbeiner in die freie Natur. „Die wissen das, wie schön das hier ist“ erzählt Jochen Rothleitner aus Köflach in der Steiermark, der heute den Ausritt leitet. „ In Wien können sie nicht schnell genug in den Hänger kommen. Der Weg zurück ist dagegen mühsam“. Fast möchte man da etwas Pferdeverstand voraussetzen.
Wer die Reiter in der offenen Landschaft sieht, fühlt sich in der Zeit zurückversetzt. Stille. Kein Laut, außer den Pferdehufen, ist zu hören und für die Reitergruppe, die in der Ferne auftaucht, kreuzt ein Wort das Gedächtnis, das fast schon etwas archaisch anmutet: Edel. Selbst der Laie sieht den Pferden an, dass es ihnen Spaß macht. Wenn sie sprechen könnten, würden sie wahrscheinlich sagen: „Cool“!
Conversano Amata ist Pensionshengst und macht Dauerferien am Heldenberg. Er braucht nicht mehr zu arbeiten und führt ein Leben wie Gott in Frankreich, sagt Erwin Klissenbauer, seit neun Jahren Geschäftsführer der Spanischen Hofreitschule. Er zeichnet auch verantwortlich für die neue Reithalle in Kleinwetzdorf am Heldenberg, die 2011 erbaut wurde. Bei schlechtem Wetter ideal für die Hengste und für Zuschauer gut geeignet zum Training, das regelmäßig jeweils dienstags, freitags und samstags am Heldenberg stattfindet. 90 Lipizzaner Hengste leben im Sommer auf dem 3,5 Hektar großen Trainingszentrum, das mittlerweile zum Weltkulturerbe zählt. Zwölf Bereiter unterrichten die Pferde im Sommer und sorgen für die nötige Bewegung.
Der heimliche Herrscher im Stall ist Stallmeister Hermann Illk. Pferdeflüsterer ist das Wort, das sofort parat ist, wenn er seine Gefilde durchschreitet. Schon an der Stimme erkennen ihn die Pferde und strecken zutraulich ihre Köpfe heraus.
Er kennt seine Hengste genau und kann jedes Wehwehchen schon im Voraus erahnen. Er und seine Leute tun alles, um es den Urlaubern aus Wien gut gehen zu lassen. Besonderer Beliebtheit erfreut sich die Pferdedusche im Maxiformat. So etwa 5x5m ist die Wellnessoase groß und mit sichtlichen Wohlgefallen lassen sich die Pferde dort abduschen. An heissen Tagen könnte man durchaus etwas neidisch werden.
Anfang September ist die Ferienzeit der Lipizzaner am Heldenberg vorbei und es geht wieder an die Arbeit in der Stallburg in Wien. Nur widerwillig verlassen sie das Paradies in Niederösterreich. Offensichtlich scheint es bei den Pferden wie bei den Menschen zu sein.
Die Webseite zum Heldenberg: https://www.srs.at
Quelle: eigen
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