Lichterglanz in Murten und kleinstes Weinanbaugebiet

Das Zähringer Land in der Schweiz

Murten im Schweizer Kanton Freiburg leuchtet. Mitten in den grauen Januartagen, wenn der Lichterglanz der Adventszeit erloschen ist und die Tage kurz und trüb sind, gehen in dem Zähringerstädtchen vom 16. bis zum 27.Januar die Lichter an. Kreative Kunstwerke illuminieren die Plätze, das Kerzenlicht unzähliger kleiner Laternen verbreitet mystisches Licht über den Murtensee und in der Luft tanzen riesige Leuchtfische.
„Murten Lichtfestival“ nennt sich das Spektakel, das die aufgeräumte und etwas verschlafene Kleinstadt für knapp zwei Wochen aus ihrer winterlichen Ruhe holt. Während in den Sommermonaten zahlreiche Urlauber die idyllische Ortschaft im Dreiseenland zwischen Bern und Lausanne bevölkern, waren die Betten in den Wintermonaten nahezu leer - bis die Stadtväter das Lichterfest in Lyon entdeckten und vor drei Jahren nach Murten importierten. „Das hat wie eine Bombe eingeschlagen“, sagt Stadtführerin Heidi Buschbauer mit leuchtenden Augen. Nachdem internationale Koryphäen der Lichtkunst die Stadt 2016 erstmals in eindrucksvolles Licht setzten, strömen immer mehr Besucher nach Murten, das wie ein Balkon über dem gleichnamigen See liegt. 80.000 wurden bereits bei der dritten „Fête de Lumière“ gezählt, also das Zehnfache der Einwohner der zweisprachigen Stadt am so genannten Röstigraben.

Murten gehört seit Napoleon zum Kanton Fribourg. Die heutige Kantonshauptstadt Freiburg, die auf einem Felsvorsprung über dem Fluss Saane liegt, wurde im zwölften Jahrhundert von den Zähringern gegründet. Damit verschafften sich die Herzöge aus dem Schwarzwald eine Machtstellung im Schweizer Mittelland. Als Vorbild der Schweizer Stadt im Gebiet zwischen der Aare und der Saane diente dem damaligen Zähringer Herzog Berthold IV. die Stadt Freiburg im Breisgau, von Herzog Bertold II. knapp sieben Jahrzehnte zuvor als Castrum de Friburch gegründet.
Trotz der bewegten Geschichte nach den Zähringern, deren Geschlecht bereits 1218 erlosch, trägt Freiburg ebenso wie Murten noch deren Handschrift: „Wie in allen Zähringerstädten sind bei uns die Dächer mit Biberschwanzziegeln gedeckt“, erklärt die Stadtführerin.

In den meist trüben Januartagen wirken die Dächer grau und die ganze Stadt eher unspektakulär. Auch der Murtensee, wärmster Badesee der Schweiz, bietet jetzt nichts Verlockendes. Keine feste Eisdecke für wintersportliche Vergnügen, nur ein einsamer Stand up-Paddler schiebt sich dick eingemummt über das Wasser. Auch imposante Bergriesen mit herausfordernden Pisten sind Fehlanzeige. Hier misst der höchste Berg gerade mal 653 Meter. Ziemlich winzig im Angesicht von Eiger, Mönch und Jungfrau, die man in der Ferne erkennt. Der Mont Vully ist dagegen ein Zwerg. Was die Erträge seiner Rebhänge betrifft, die gleichsam auf Sandsteinbänken ruhen, zeigt er dennoch Größe.

In der Ortschaft Môtier, eines der insgesamt acht Dörfer im kleinsten Weinanbaugebiet der Schweiz, dem Vully, lädt Eric Simonet Weinliebhaber nach Anmeldung zur Verkostung ein. Mit 14 anderen hauptberuflichen Weinbauern teilt sich der ambitionierte Winzer die insgesamt 150 Hektar Anbaufläche. Seit über 200 Jahren betreibt seine Familie das überschaubare Weingut „Le Petit Château“. Als Eric Simonet das Gut vor etwa 40 Jahren von seinen Eltern übernahm, konzentrierten sich die Winzer der Gegend um den Murten- und den Neuenburger See (Lac de Neuchâtel), die durch einen Kanal verbundenen sind, noch hauptsächlich auf die einheimischen Chasselas-Trauben. Rund 30.000 Liter gaben die 9 Hektar Anbaufläche jährlich her. Innerhalb von vier Monaten hatte Simonet seinen Ertrag dann bereits an die Gastronomie und an Händler der Region verkauft. Die Hälfte sei aber privat über den Ladentisch gegangen, vor allem an Stammkunden. „Wir trinken unsere Weine am liebsten selber“, lächelt der gelernte Weinbau-Ingenieur und Önologe. Das überrascht kaum, zumal der Weinbauer sein Sortiment längst um Rebsorten wie Pinot Gris, Gewürztraminer und Chardonnay erweitert hat. Vor etwa 25 Jahren führte er dann als erster Winzer im Vully die Merlot-Traube ein. „Bei unserem speziellen Klima war das erst einmal viel Arbeit“, sagt er.

In den letzten Jahren hat sich der Weinanbau im Vully kontinuierlich weiterentwickelt und Eric und Anni Simonet haben den Stab an die nächste Generation weiter gegeben. Der 33-jährige Sohn Fabrice, der beruflich in die Fußstapfen seines Vaters getreten ist, machte erste Erfahrungen in Neuseeland und im Elsass. Beim Weinbauern Jean Meyer in Wintzenheim entdeckte der angehende Winzer, dass im Elsass fast durchweg die gleichen Rebsorten angebaut werden wie im Vully-Gebiet. Trotzdem schmeckten die Weine anders. Was Fabrice damals noch entdeckte, führte schließlich zur kompletten Umstellung im heimischen An- und Ausbau der Weinreben. Inzwischen ist das Weingut zu hundert Prozent biodynamisch ausgerichtet. Vater Eric sah die neue Methode anfangs eher skeptisch. Doch Fabrice und seinem jüngeren Bruder Stéphane, der hauptberuflich in der Staatskellerei des Kantons Freiburg „Château de Mur“ für die Qualität der Weine zuständig ist und im elterlichen Betrieb als Rebmeister mitarbeitet, gelang es, den Vater zu überzeugen. „Diese Philosophie respektiert unsere Natur und ihren Rhythmus und lässt die Herstellung von einem feinen Wein zu, der sehr ausgeglichen, natürlich und reinrassig daherkommt“, sagt Eric Simonet jetzt im Brustton der Überzeugung. Dabei erhebt er das Glas und nimmt einen Schluck, zuerst vom Pinot Gris und anschließend vom Pinot Blanc. „Gleiche Blätter, aber verschiedener Geschmack“, erklärt er, während seine Frau selbstgemachte Quiche als Zwischensnack serviert.

Der gesunden Kultivierung der Blätter und Trauben widmen die Simonets viel Zeit und Geduld. „Gegenüber der herkömmlichen Anbaumethode mit Einsatz von Herbiziden und Spritzmitteln ist die biodynamische um etwa 30 Prozent arbeitsintensiver und der Ertrag an der Rebpflanze kleiner“, betont Eric Simonet. Dafür sei die Qualität eindeutig besser und der Boden im Rebberg sei gesund und widerstandfähig.
Zur Arbeitserleichterung hat Sohn Stéphane neue Maschinen für den Weinberg angeschafft. Die aggressiven Dünger von einst sind Geschichte. Dafür kommt Schwefel und Kupfer neben pflanzlichem Sud aus Extrakten von der Brennessel oder Weidenrinde zum Einsatz. Auch Kuhfladenmasse und Kieselsäure in entsprechender Dosis leisten gute Dienste, wenn es darum geht, Irritationen oder Krankheiten zu Leibe zu rücken. Gewöhnungsbedürftig war für Vater Eric allerdings, dass sich der Schnitt der Rebstöcke jetzt nach dem Mondkalender richtet.

Zwischenzeitlich hat Anni Simonet einen Chardonnay eingeschenkt. Zwischen Zunge und Gaumen entfaltet sich ein leichter, fruchtiger Geschmack. Derweil charakterisiert Hausherr Eric die Rebe als sehr anpassungsfähig: „Diese Traube gedeiht in jedem Klima“. Anders sieht es beim Gewürztraminer aus. Der sei eine Spezialität im Vully. Einige Monate ruht der gehaltvolle Tropfen im Fass aus französischer Eiche bevor er abgefüllt wird. Von den 25 Weinsorten der Simonets reifen 30 Prozent im Holzfass. Der Rest gärt in Metall. Für Sohn Fabrice ist das nicht das entscheidende Qualitätskriterium: „Fortschritte machen wir heute eher im Rebberg, weniger in der Kellerei“, sagt er. Ohnehin sei letztendlich entscheidend, was schmeckt. Wenn der Senior-Chef von „Le Petit Château“ bei seinen zunehmend gefragten Führungen und Verkostungen in zufriedene Gesichter blickt, weiß er, dass er alles richtig gemacht hat.
Allgemeine Informationen über das Lichterfestival unter https://www.murtenlichtfestival.ch
Zu Murten und dem Murtensee unter https://www.murtentourismus.ch
Generelle Informationen zur Schweiz https://www.MySwitzerland.com
Zur Kellerei und Domäne Le Petit Château: https://www.lepetitchateau.ch
Geeingete Unterkünfte: Hotel Bad Muntelier am See – https://www.hotel-bad-muntelier.ch
Sowie in Freiburg: https://www.hotel-remparts.ch

Quelle: eigen

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