Überqueren Sie bequem die Grenze, solange es noch geht

Die nordirische Stadt Belfast will nur noch Frieden

„Haben Sie etwas gemerkt?“, fragt der Reiseleiter eher rhetorisch, während der Bus ohne erkennbare Hindernisse dahingleitet. „Wir haben soeben die Grenze zwischen der Republik Irland und Nordirland überquert“, erklärt Wahl-Ire Wolfgang Lolies. Würden die Entfernungen ab der unsichtbaren Grenze nicht in Meilen gemessen und für den Kaffee an der Raststätte nicht Pfund statt Euro berechnet, wäre der „Grenzübertritt“ völlig unbemerkt geblieben. Die sechs nordirischen Grafschaften seien auch nur politisch Großbritannien zugeordnet. „In jeder anderen Hinsicht könnte der Norden nicht irischer sein“, betont der eloquente Reiseleiter Wolfgang.

Die nordirische Metropole Belfast ist zwar kleiner als die irische Hauptstadt Dublin, aber nicht weniger lebhaft und oft sogar origineller. Eine Vielzahl an Pubs trägt dazu bei. „In Dublin finden Sie ganz sicher den originellsten und ganz sicher den schönsten Pub von ganz Irland“, sagt Wolfgang augenzwinkernd. Das kulturelle Zentrum von Belfast ist gleichzeitig das älteste Viertel rund um die prunkvolle City Hall, die Saint Annes Cathedral und nicht zuletzt das monumentale Opernhaus. Auch im Univiertel um die altehrwürdige Queen´s University herrscht Leben und Treiben. Gemütliche Cafés und Clubs sind beliebter Treffpunkt, nicht nur für Studenten verschiedener Nationen und Religionen. Für Touristen ist vor allem das Titanic-Museum im Hafengebiet seit einigen Jahren ein „Must see“. Als Reminiszenz an den spektakulären Luxusdampfer öffnete das einzigartige Museum genau 100 Jahre nach Untergang des noblen Schiffes seine Pforten. Viele Besucher kämen von weit her, erklärt Wolfgang. Durch die vielen Verfilmungen strahlt die Geschichte dieses legendären Dampfers samt seinem tragischen Untergang, nachzuempfinden auf dem schwingenden Museumsparkett, immer noch eine gewisse Faszination aus.

Allzu lange ist es noch nicht her, seit der „Geburtsort“ der Titanic, Belfast, zu den beliebtesten touristischen Zielen Irlands gehört. Vor kaum mehr als 20 Jahren galt Belfast noch als Synonym für Besatzung und Terror. Heute ist das Tor zu Nordirland ein vielbesuchtes Städtetrip-Ziel mit gutem Preis-Leistungsverhältnis. Ein Händedruck zwischen Königin Elizabeth II. und dem Ex-Stabschef der Irisch-Republikanischen Armee (IRA) Martin McGuiness hat im Juni 2012 dazu beigetragen, dass Protestanten und Katholiken eine Politik der Vernunft walten lassen. Schlendert man durch die Grünanlagen rund um die Uni oder über den belebten, bunten St. George´s Market wird schnell klar: In der Nordirland-Metropole zählt Geselligkeit und Toleranz. Trennung war gestern.
An der University Street wartet ein „Black Cab“, ein typisch britisches Taxi. Im Fahrgastraum des nostalgischen Fahrzeugs geht die Belfast-Tour auf vier Rädern weiter. Taxifahrer Billy Scott schaltet sich ins Gespräch seiner Fahrgäste Gespräch ein: „Wir haben hier nicht das beste Image“, sagt der Mittfünfziger forschend und blickt dabei erwartungsvoll in den Rückspiegel. Dabei denkt der Katholik aus dem Norden der Stadt an die so genannten Troubles, die er damals hautnah miterlebt hat. „Seit dem Friedensabkommen 1998 kommen aber immer mehr Besucher in unsere Stadt“, betont der redselige Taxi-Driver, noch bevor jemand seine Image-Zweifel bestätigt hätte. Es geht durch den dichten Verkehr der Stadt, die wie aufgeräumt wirkt. Rund um die Mündung des Flusses Lagan haben die Verantwortlichen im Rathaus auch städtebaulich ein Zeichen für den Aufbruch in eine bessere und vor allem friedliche Zukunft gesetzt.

Die gute Stimmung trübt sich, als der Belfast-Guide sein Taxi durch die Viertel der katholischen Nationalisten und protestantischen Loyalisten lenkt. Er steuert vorbei an hohen, mit Stacheldraht versehenen Mauern und im Wagen herrscht beklemmende Stille. 99 solcher „Peace Walls“ gibt es in Belfast, erzählt Billy Scott, der zu jedem Haus und Platz in den Problemvierteln eine Geschichte kennt. In seinem „Black Cab“ und teilweise zu Fuß steuert der Taxifahrer und Touristenführer die Orte der einst blutigen Kämpfe an, erklärt die furchterregenden Graffities an den Hauswänden und lässt dabei auch seine eigene Geschichte einfließen. Er sei gerade mal Mitte 20 gewesen, als die Kämpfe 1969 anfingen. Die britische Armee sei zu Hilfe gerufen worden, weil die Polizei jeden Überblick über die Wege der irischen Guerillas, die sich in der Belfaster Hinterhofgeografie bestens auskannten, verloren hatte. Per Helikopter hätten Einsatzkräfte zusätzlich versucht, sich aus der Luft ein Bild von dem heillosen Chaos zu verschaffen. Als Billy Scott in eine Straße einbiegt, die entlang einer der monumentalen „Friedensmauern“ führt, sagt er: „Wir wünschen uns nur noch Frieden“. Gleichzeitig ist sich der väterlich-freundlich wirkende Katholik bewusst, dass es noch ein weiter Weg ist bis zu einem wirklichen Zusammenleben in Frieden. Immerhin gibt es zwischenzeitlich Initiativen wie ein gemeinsames Jugendzentrum, um der nachkommenden Generation beider Seiten in den sozialen und politischen Brennpunktvierteln Raum für ein friedliches Miteinander zu geben.

Mehr Informationen unter https://www.entdeckerland.de
Veranstalter der Reise: Das Bayerische Pilgerbüro hat neben Pilger- und Wander- auch Studienreisen in Irland im Programm.
https://www.pilgerreisen
Taxi-Rundfahrt in den einstigen Problemvierteln: Grundpreis 3 Pfund (entspricht etwa 4.20 Euro)

Quelle: eigen

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