Deftige Brotzeit
Weinterrassen
Straussen-Wirtschaften auf Zeit
In der dunkeln Jahreszeit weist oft ein rotes Lichtlein den Weg. Oder ein flitterglänzender Besen, der aus Scheunen, Garagen und Torbögen auf die Straße hinausragt. Als Karl der Große 812 vermutlich die erste urkundlich verbriefte Erlaubnis für eine „Straussenwirtschaft“ gab, hing ein aus Weinreben geflochtener Ring vor dem entsprechenden Etablissement . Damals wie heute gilt für den betreibenden Wirt: in seiner temporär geöffneten Weinklause darf nur eigenangebauter Wein ausgeschenkt werden. Und es dürfen nur einfache Speisen auf der Karte stehen und die Öffnungszeit ist auf 120 Tage im Jahr beschränkt. Wer mehr möchte, muss eine Konzession besitzen und verliert in der Regel den Charme des provisorisch-unvollkommenen Wirtshauses, in dem sich Weinliebhaber aller Alters-, Gesellschafts- und Berufsklassen in fröhlich-beschwingter Runde an rustikalen Tischen zusammenfinden.
Bötzingen und Gottenheim
Wie zum Beispiel in den „Straussen“ rund um Kaiserstuhl und Tuniberg. Bei Winzermeister Thomas Schaffner in Bötzingen läuft der trockene Spätburgunder und der süffige Gutedel literweise in die Gläser. Sein “Löwenstrausse“ gilt als Wegbereiter der temporären badischen Gasthauskultur, seine „Brägele“(Bratkartoffeln) sind längst weit über den Kaiserstuhl hinaus bekannt. Dazu ein „Bibeleskäs“(Frischkäse) und ein Wurstsalat- Herz, was willst du mehr ?! Nun ja, vielleicht eine Variation der g’schmackigen Flammkuchen. In der Wirtsstube, im Gewölbekeller oder bei Hochbetrieb auch einfach im Hof des Schaffner’schen Bioweingutes bleibt man gern länger sitzen- auch wegen der angenehm zivilen Preise( ein Viertele gibt’s ab etwa 3 Euro 50).
Ähnlich angenehm geht’s bei Andreas Hess in Gottenheim zu. Das macht die warm ausgeleuchteter Wirtsstube mit der alten Balkendecke. Der Spätburgunder vom Tuniberg ist sensationell, der riesige Flammkuchen reicht locker , um anderntags in Alu verpackt als Radlerbrotzeit für die Radtour nach Breisach oder Freiburg herzuhalten! Das Schöne für autofahrende Weinliebhaber: der Hess’sche Strauss ist nur ein paar Gehminuten von der S-Bahn entfernt…
Reservieren – auch im Sonnenbrunnen
Wer bei Jörg Scheel in dessen „Sonnenbrunnen“ gemütlich versacken möchte, sollte sich in den Bus setzen. Opfingen ist ein altes Weindorf, das inzwischen zu Freiburg gehört, aber weit draussen zu Füssen des Tunibergs liegt. Scheel baut Ökoweine an, die er in seinem kleinen, mit Kaminfeuer beheizten Gastzimmer ausschenkt. Eine ausgeklügelte Lüftung sorgt für die Einhaltung der Corona-Hygiene-Vorschriften, der Impfnachweis wird wie überall penibel überprüft. Das Speisenangebot reicht vom Schmalzbrot über Fleischküchle bis zu einem traumhaft-leckeren Apfelflammkuchen, dessen zarter Boden auf der Zunge zergeht. Ein Gedicht! Genau die richtige Abrundung eines langen Abends bei Kerzenschein und Kaminfeuerprasseln!
Bei allen „Straussen“ ist Reservieren angesagt. Diese Wirtschaften sind als preiswerte und authentische Alternative zum hochpreisigen gastronomischen Angebot in Freiburg sehr beliebt und entsprechend stark frequentiert. Herbst und Frühjahr sind Hauptöffnungszeiten.
In anderen Weinbaugebieten heißen die „Strausse“ anders: Besen in Württemberg, Häcker in Franken und Buschen in Österreich und Südtirol.
Informationen zu den Breisgauer Straußwirtschaften unter
https://www.alemannische-seiten.de/deutschland/freiburg_opfingen_suche.php?id=straussen
Quelle: eigen
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