Wer mit dem Privatjet kommt, wird nicht kontrolliert

Europas große Sicherheitslücke
Ein Glück, daß Terroristen und Drogenhändler über kein Geld verfügen und keine Sponsoren haben, denn sonst könnten sie ohne Schwierigkeiten jederzeit nach Europa ein- und ausreisen, ohne je kontrolliert zu werden. Wer diese Ansicht für naiv hält, der muss wohl auch die verantwortlichen Stellen im Bundesinnenministerium, zuständig für die Grenzsicherung in Deutschland, für naiv halten.
Wer nach oder aus Deutschland per Privatjet anreist und dafür einen der 88 kleineren Flugplätze, die als Grenzübergangsstellen zugelassen sind, benutzt, muss keine Grenzkontrollen fürchten. Eine wie auch immer geartete Feststellung seiner Daten findet, auch wenn er nicht aus der Schengenzone stammt, nicht statt. Nach Angaben von „Investigate Europe“, ein Team von zehn Journalisten aus neun europäischen Ländern, waren dies alleine im vergangenen Jahr über 11.000 Personen.
Zwar gibt es an diesen Flugplätzen durchaus Personen, die kontrollieren dürften, nämlich „Hilfspolizeibeamte“, die meist Mitglieder der örtlichen Flugleitung sind, doch da legt man sich ungern mit der meist betuchten Kundschaft an. Ein schneller Blick in den Reisepass reicht da schon, da diese Hilfspolizeibeamten noch nicht einmal Zugang zu den Fahndungsdatenbanken haben.
Anders als bei der Einreise über den Landweg aus Österreich oder Italien sieht die Seehofer-Behörde das Einreisen von potentiellen Straftätern mit Privatjets aus der Luft als geringes Sicherheitsrisiko an. Es gibt dafür zwar keinerlei Grundlagen, aber eben auch keine bekannten Fälle. Dass es keine Fälle gibt, weil ja auch nicht kontrolliert wird, bleibt dabei außen vor.
Hintergrund des laxen Umgangs mit Personen, die mit dem Privatjet einreisen, ist wirtschaftliches Interesse. Der Topmanager von heute möchte seine Zeit nicht mit lästigen Zollkontrollen und Passformalitäten verschwenden. Das EU-Parlament hat deswegen ein "Sonderrecht" festgelegt. Daher werben Anbieter von Mietjets, die alleine in Europa über 3500 Maschinen verfügen, ganz ungeniert damit, dass man bei der Auswahl des richtigen Flughafens Sicherheitskontrollen ganz locker umgehen und direkt auf dem Rollfeld ein- und aussteigen kann. Auch der unverhohlene Hinweis,den Drogenhändler und Terroristen gerne hören, nämlich dass mit der Anmietung eines Privatjets alles „exklusiv und diskret“ läuft, fehlt da nach Recherchen der Zeitung „Tagesspiegel“ nicht.
Bisher wurden nur wenige Fälle bekannt, bei denen diese Sicherheitslücke ausgenutzt wurde. Nur durch Zufall entdeckten polnische Grenzpolizisten bei einem Tankzwischenstopp einen illegalen Transportflug mit zahlungskräftigen Flüchtlingen. Experten gehen davon aus, dass zahlreiche Flüchtlinge als „Geschäftsleute“ getarnt, längst illegal eingereist sind. Weitere Fälle, wie Kokainschmuggel und Geldwäsche via Privatjets im größeren Stil, sind in Portugal und Frankreich bekannt geworden.

Quelle: Tagesspiegel

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