Neue Gewitterregeln –nicht nur für Golfer
Wer beim Golfen, Zelten, Baden, Radeln oder Wandern von heraufziehendem Unwetter überrascht wird, sollte auf keinen Fall warten, bis das Sommergewitter nah ist, Schon beim ersten Donnergrollen muss unbedingt Schutz gesucht werden, wie Thomas Raphael, Blitzexperte beim Verband der Elektrotechnik (VDE), zur Vorsicht mahnt. Liegen zehn Sekunden oder weniger zwischen Blitz und Donner herrscht Lebensgefahr. „Gewitter sind eine der letzten Naturgewalten, die wir nicht im Griff haben, aber immer noch auf die leichte Schulter nehmen“, warnt Raphael.
Die meisten Menschen haben zwar als Kinder mal gelernt, nach dem Blitz die Sekunden bis zum Donnerschlag zu zählen. 21, 22, 23 – drei Sekunden entsprechen dabei einem Kilometer. War das Grollen noch 30 Sekunden respektive zehn Kilometer entfernt, sollte man allmählich Schutz suchen. Die alte Weisheit gilt aber als völlig überholt. Die 30-Sekunden-Regel lasse oft zu wenig Zeit dazu, warnt Raphael. Nicht zuletzt nach dem schlimmen Blitzunfall 2012 mit vier Toten auf einem Golfplatz in Nordhessen sind Blitzforscher vorsichtiger geworden. Jetzt gilt: Schon am ersten Donner orientieren, nicht warten.
Und dann keine Fehler machen: Gibt es im Freien keine andere Möglichkeit, bietet das Auto Sicherheit. Gleiches gilt für den Wohnwagen oder das Campingmobil. Die Fahrzeuge wirken wie ein Faradayscher Käfig, der Blitz wird im Ernstfall über Karosserie und Reifen abgeleitet. Diesen Schutzeffekt haben auch Menschen im Flugzeug, im Zug oder in Kabinen von Baufahrzeugen - nicht aber in Cabrios oder etwa Golf-Wagen mit Kunststoffdach. „Darin sitzt man wie auf dem Präsentierteller“, betont Raphael. Unter Freileitungen sind Menschen dagegen sicher, allerdings immer mit etwa drei Meter Abstand zu den Metallmasten.
Noch besser: Ein festes Gebäude in der Nähe suchen und sich dort unterstellen. In Wohnhäusern besteht keine Gefahr. In Scheunen, Holz- oder Steinhütten ohne Blitzschutzsystem heißt es jedoch aufpassen und auf keinen Fall die Wand berühren. Richtig ist dann, in der Mitte der Hütte mit geschlossenen Füßen in die Hocke zu gehen und nach dem letzten Donner noch 30 Minuten abzuwarten. Und auf keinen Fall die Golfschläger aus Eisen in der Hand halten. Sind die Unterstände aus Metall wie Wartehäuschen, sollten Schutzsuchende sich in die Mitte der offenen Seite kauern, möglichst weit entfernt von den Wänden
Ganz wichtig: Während des Gewitters niemals den höchsten Punkt im Gelände bilden und so schnell wie möglich freies Gelände wie Golfplätze verlassen. Auf keinen Fall sollten Familien, Freunde oder Bekannte als Gruppe dicht aneinandergedrängt Schutz suchen. Entscheidend ist immer ein Abstand von mindestens einem Meter zu anderen Personen, zu Wänden, Stützen oder Metallzäunen. Und möglichst auf Asphalt oder Gehwegen bleiben. Der Rat, in die Hocke zu gehen, sich klein machen, die Füße eng beieinander, und nichts anfassen, gilt auch für Camping-Freunde, die im Zelt abwarten bis das Gewitter vorüber ist.
Zehn Meter weg vom Baum
Besonders gefährlich sind Bäume. Dann gilt: Auf dem Weg zwischen den Bäumen hinkauern, die Füße eng nebeneinander und auf größtmöglichen Abstand zu Stämmen und Ästen achten. Steht der nächste Baum mindestens zehn Meter entfernt, sinkt das Risiko deutlich, vom Blitz getroffen zu werden.
Richtig gefährlich kann es für Bergsteiger und Wanderer werden. Wer es nicht schafft, die Tour nach dem ersten Donner sofort abzubrechen oder wenigstens einen sicheren Unterstand zu erreichen, sollte Höhlen oder Felsvorsprünge suchen. Oder am Fuß von Felswänden bleiben Aber nur in gebührendem Abstand von mindestens einem Meter. Im felsigen Untergrund kann sich der Blitzstrom über weite Strecken ausbreiten. Nasse Kletter- oder Drahtseile sowie Leitern dürfen nicht berührt werden. Lebensgefährlich ist auch jeder Wassersport, sobald ein Gewitter im Anmarsch ist.
„Wichtig sind auch immer die 30 Minuten Wartezeit nach dem letzten Donner“, betont Diplomingenieur Raphael. Dann erst ist das Gewitter sicher weg. Golfer können unbesorgt weiterspielen. Nähere Informationen bietet die kostenlose Broschüre des VDE zum Download unter https://www.vor-blitzen-schuetzen.eu
Über Deutschland werden im Sommer über eine Million Blitze pro Monat gezählt. Dabei handelt es sich um elektrische Entladungen. Bei einem Blitzschlag breitet sich ein Strom im Boden von der Einschlagsstelle in alle Richtungen aus. Mehr als 30 Meter rund um diese Stelle ist es gefährlich, in felsigen Gebieten auch noch in größeren Entfernungen. Deshalb kann selbst in einigem Abstand zum Einschlagsort zwischen den auseinander stehenden Füßen einer Person noch eine hohe Schrittspannung auftreten. Die Folge: Durch den Körper fließt ein Strom.
Wird ein Mensch direkt getroffen, steigt die Spannung am Körper auf einige hunderttausend Volt. Der weitaus größte Teil des Blitzstroms fließt allerdings nicht durch den Menschen, sondern auf der Körperoberfläche ab. Wegen dieses Effekts ist es möglich, auch direkte Blitzschläge zu überleben. Art und Schwere der Verletzungen hängen davon ab, an welcher Körperstelle der Mensch getroffen wird und wie der Strom im Körper und auf dessen Oberfläche fließt. Er wirkt auch unmittelbar auf das Herz. Das kann zu dauerhaften Herzschädigungen, Herzkammerflimmern und Herzstillstand bis hin zum Tod führen.
Quelle: eigen
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