wie man dem Chaos rechtlich begegnet
Wer in diesem Sommer eine Flugreise plant oder schon gebucht hat, muss sich auf eine ordentliche Portion Chaos einstellen. Allein für Juli haben Airlines wie Lufthansa, Eurowings, Swiss und Easyjet wegen akuten Personalmangels schon Tausende Flüge annulliert. Weitere Ausfälle in der Hauptreisezeit dürften folgen, die fehlenden Mitarbeiter lassen sich nicht von heute auf morgen herbeizaubern, sind Verbraucherschützer überzeugt. Selbst wenn die Buchung Bestand hat, ist das Risiko hoch, trotzdem nicht abheben zu können. Wer nicht Stunden vor Abflug schon im Terminal ist, läuft in Stoßzeiten Gefahr, nicht rechtzeitig zum Gate zu kommen. Tipps, welche Rechte Geschädigte haben und wie sie einzufordern sind.
Was, wenn der Flug gestrichen wird?
Für Pauschalreisende gilt: Wird ein zugesagter Flug gestrichen, muss der Reiseveranstalter ohne Aufpreis für Ersatz sorgen, wie Kay Rodegra erklärt, Jurist und Dozent für Reise- und Luftverkehrsrecht aus Würzburg. Betroffene sollten sich schriftlich an ihren Veranstalter wenden und ihm eine Frist setzen, die Umbuchung zu organisieren, rät Andre Schulze Wethmar, Jurist beim Europäischen Verbraucherzentrum Deutschland. Möglich ist auch, dass Kunden dabei auf andere Airlines gebucht werden.
Was gilt für Individualreisende?
Wer direkt gebucht hat, muss sich direkt mit der Airline auseinandersetzen. Diese muss eine alternative Beförderung für den gestrichenen Flug anbieten, und zwar so schnell wie möglich, wie Peter Lassek, Jurist bei der Verbraucherzentrale Hessen betont. Die Airline wird allerdings nur Alternativen innerhalb ihres eigenen Streckennetzes suchen und nicht auf andere Fluggesellschaften ausweichen. Auf innerdeutschen Routen kann das Ticket auch gegen eine Bahnfahrt getauscht werden. Der Kunde darf auch vom Vertrag zurücktreten und bekommt dann den kompletten Ticketpreis zurück.
Was, wenn es mit der Umbuchung Probleme gibt?
Schnell mal umbuchen klappt oft nicht in der Hauptsaison. Bietet die Airline keinen oder nur einen wesentlich späteren Alternativflug an und sind bessere Verbindungen verfügbar, empfiehlt Lassek, der Fluggesellschaft eine Frist für ein entsprechendes Angebot zu setzen. Wie lang eine solche Frist sein muss, hänge immer davon ab, wieviel Zeit noch bis zum ursprünglichen Abflugtermin verbleibt. Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, selbst einen neuen Flug zu suchen, wenn die Fluggesellschaft keinen Ersatz anbietet. Schulze-Wethmar rät allerdings davon ab, auf eigene Faust zu buchen. Das Risiko sei hoch, auf diesen Kosten sitzen zu bleiben.
Was, wenn es Folgekosten gibt?
Zieht die Flugannullierung einen Rattenschwanz an zusätzlichen Kosten nach sich, zum Beispiel für nicht kostenlos stornierbare Hotelzimmer oder verpasste Anschlussflüge, so muss die Airline auch diese Ausgaben erstatten. „Das gilt allerdings nur dann, wenn die vertragsbrüchig gewordene Fluggesellschaft die Stornierung selbst verschuldet hat“, erläutert Lassek. Ob der akute Personalmangel Grund genug ist, ist rechtlich umstritten. Während Verbraucherschützer und Juristen wie Rodegra der Meinung sind: Ja, die Airline steht auch in diesem Fall in der Verantwortung, winken Fluggesellschaften häufig nur ab. Bekommen Kunden kein Geld zurück, müssten sie notfalls vor Gericht ziehen, so Lassek.
Warum haben es Pauschalreisende leichter?
Reiseveranstalter müssen sich nicht nur um Ersatzflüge kümmern, sondern auch um die Umbuchung von Hotels, wenn das notwendig wird. Kommt der Urlauber später als geplant an seinem Ferienort an und weicht der Aufenthalt stark von der gebuchten Variante ab, ist das ein Reisemangel. Betroffene können dann eine anteilige Rückzahlung des Reisepreises verlangen. Verkürzt sich der Urlaub erheblich, weil von einem einwöchigen Urlaub etwa nur noch drei Tage übrigbleiben, kann der Kunde Schadenersatz verlangen – oder vom Vertrag zurücktreten.
Was ist mit geplatzten Kreuzfahrten?
Auch hier ist im Vorteil, wer den Flug gleich mitgebucht hat. Verpasst der Urlauber die Abfahrt, weil der Flug ausfiel respektive zu spät kam, muss der Veranstalter für Abhilfe sorgen. Entweder er organisiert dann die Nachreise zum nächsten Hafen und räumt eine Preisminderung ein. Oder die Reise wird abgebrochen, wenn ein späterer Zustieg an Bord nicht möglich ist, so Rodegra. Stornokosten darf der Veranstalter nicht verlangen. Ganz anders sieht es aus, wenn der Urlauber den Flug selbst gebucht hatte. Schafft er es nicht, rechtzeitig an Bord zu gehen, werden in der Regel Stornokosten fällig.
Was ist mit Entschädigung für annullierte Flüge?
Wer darauf hofft, dürfte enttäuscht werden. Normalerweise werden Passagiere bei gestrichenen Flügen recht großzügig entschädigt, so sieht es die EU-Fluggastrechte-Verordnung vor. Je nach Flugdistanz haben sie Anspruch auf eine Ausgleichszahlung zwischen 250 und 600 Euro. Das gilt aber nur, wenn die Airline den Flug weniger als 14 Tage vor dem geplanten Abheben storniert. Werden Fluggäste weit im Voraus über Annullierungen informiert, wie aktuell der Fall, haben sie keinen Anspruch auf Ausgleichszahlung, so Rodegra.
Was, wenn es bei der Sicherheitskontrolle hakt?
Wer seinen Flieger verpasst, weil er zu lange in der Warteschlange vor den Kontrollstationen stand, kann nicht die Airline oder den Veranstalter dafür haftbar machen, höchstens die Bundespolizei, die für die Sicherheitschecks zuständig ist. Mehrere Stunden Zeitpuffer vor Abflug einplanen, ist in diesem Sommer unumgänglich. Wer lange ansteht und merkt, dass es zeitlich knapp wird bis zum Boarding, ist verpflichtet, auf sich aufmerksam machen, um nach vorn zu rücken und den Flieger nicht zu verpassen. Tipp: Bei einigen Fluglinien und Flughäfen lässt sich eine schnelle Abfertigung via „Fast Track“ oder „Priority Lane“ gegen Aufpreis dazubuchen. Wer Warteschlangen beim Check-In-Schalter umgehen will, kann bei Ferienflügen häufig schon am Vorabend die Koffer aufgeben. Auch ein Online-Check-In kann für einen schnelleren Abflug sorgen.
Quelle: Eigen
Share on Facebook