Tipps für Karneval- und Faschingsfreunde
Der Reiz von Fassenacht und Karneval ist doch der: Millionen brave Bürger nehmen sich für ein paar Tage lang die Freiheit, ganz ungeniert alltägliche Regeln zu brechen. Da werden Wildfremde spontan geküsst, umarmt, da wird laut gefeiert, viel getrunken und auf der Straße getanzt. Am Aschermittwoch ist schließlich alles wieder vorbei. Die fünfte Jahreszeit folge ganz eigenen Gesetzmäßigkeiten, doch der Frohsinn habe klare Grenzen, mahnt Swen Walentowski, Sprecher des Deutschen Anwaltvereins (DAV), zur Vernunft. Auch Narren müssten sich an die nach wie vor geltenden Gesetze halten. Ein Überblick, was an den tollen Tagen ausnahmsweise erlaubt ist - und was schlicht verboten bleibt.
Auch wenn an diesem langen Wochenende der Job oft zur Nebensache wird: Einfach Blaumachen geht gar nicht. Gewährt der Chef keinen Urlaub oder wenigstens einen freien Tag für den Karnevalsumzug, müssen Arbeitnehmer notgedrungen zur Arbeit gehen. Weiberfastnacht, Rosenmontag und Faschingsdienstag sind ganz normale Werktage. Nicht einmal in Hochburgen des organisierten Frohsinns wie Köln oder Mainz gibt es einen Anspruch auf Freimachen am Rosenmontag, weder bezahlt noch unbezahlt, wie das Arbeitsgericht Köln entschied (Aktenzeichen: 2 Ca 6269/09). Ausnahme: Gab der Chef etwa am Rosenmontag mindestens drei Mal hintereinander allen Beschäftigten vorbehaltlos frei, kann die Belegschaft darauf pochen, dass das auch für dieses Jahr gilt, so der DAV.
Ganz schlecht beraten ist, wer ausgerechnet an Fastnacht eine Krankheit vortäuscht. „Wer sich ohne Grund krankschreiben lässt und beim Karnevalsumzug erwischt wird, riskiert die Kündigung“, warnt Arbeitsrechtlerin Reinhard. Wird ein Beschäftigter tatsächlich ausgerechnet über die närrischen Tage krank, muss er aber nicht durchgehend das Haus hüten. Wer sich beispielsweise wegen Magen-Darm-Grippe abmeldete und dann vom Chef beim Einkaufen gesehen wird, muss noch lange keinen Rausschmiss befürchten. Problematisch würde es, passiert das Zusammentreffen nachts beim Zechen in der Kneipe oder in Kostümierung beim Rosenmontagszug. Als Faustregel gilt: Es ist alles verboten, was die Genesung verzögert oder gefährdet.
In zahlreichen Firmen ist das völlig normal: Piraten stehen am Kopierer, Cowboys hängen am Kundentelefon und Teufelchen sitzen hinterm Schreibtisch. Viele Chefs haben an Karneval kein Problem mit verkleideten Angestellten. Ein Recht auf Maskerade gibt es aber nicht, wie Walentowski betont. Wer mit Kunden zu tun hat oder normalerweise Dienstkleidung trägt, muss sich auch jetzt an die Vorgaben der Firma halten. Umgekehrt gilt: Wer in Ämtern und Behörden grell geschminkte Aliens oder Vermummte als Kunden am Schalter hat, muss sie auch an den tollen Tagen bedienen. Selbst Autofahren mit Maske auf dem Gesicht ist an Fastnacht erlaubt. Ebenso im aufwändigen Kostüm mit Schleier oder Dreispitz auf dem Kopf. Hauptsache, die Maske erlaubt eine freie Sicht. Piraten sollten ihre Augenklappe aber wenigstens hinter dem Steuer abnehmen. Und wer glaubt, dass er sich mit Maske alles erlauben kann, ist schief gewickelt. Wer etwa beim „wilden Pieseln“ erwischt wird, muss auch im Karneval mit happigen Geldstrafen rechnen. In Köln kann das 200 Euro kosten, in Stuttgart sogar 5.000 Euro, so Walentowski.
Wer Fremde spontan bei Feiern, Umzügen oder auf der Straße umarmt, knuddelt oder küsst, kann in den kommenden Tagen zunächst einmal mit Toleranz rechnen – zumindest im Rheinland. „Ich meine, dass der alte Spruch „Ein Bützchen (also ein Küsschen) in Ehren kann niemand verwehren“ im Karneval ganz besonders gilt“, sagt Rüdiger Deckers, Strafrechtler im DAV. Das Bützchen gehöre zum Brauchtum. Doch der Körperkontakt mit ausgelassenen Jecken hat schnell seine Grenzen. Die sexuelle Belästigung beginne immer dann, wenn der „Empfänger“ von Berührungen nicht einverstanden ist und seine Grenzen unmissverständlich klar macht, wie der Jurist erläutert. Unflätige „verbale Anmache“ oder an Po oder Brust begrapschen gegen den Willen des Betroffenen sei auch im Karneval tabu. Auf sexuelle Nötigung steht selbst für kostümierte Narren eine Haftstrafe von mindestens einem Jahr.
An Karneval darf es auch mal lauter sein. „Karnevalsmuffel haben zu den tollen Tagen schlechte Karten“, erläutert Walentowski. Traditionelle Veranstaltungen wie Kappensitzungen oder Fastnachtsfeiern passieren nur einmal im Jahr und dürfen deshalb auch laut sein. Bis 24.00 Uhr darf dabei ausgelassen musiziert, gesungen und gelacht werden, wie das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz urteilte (6 B 10279/04). Nachbarn müssen die Lärmbelästigung hinnehmen. Das gilt auch für lautes Feiern zu Hause, in Kneipen oder auf der Straße. Nach Mitternacht ist aber in der Regel Schluss mit lustig. Wer nachts um vier noch auf der Straße grölt, rumhopst oder in den eigenen vier Wänden die Musik zu laut aufdreht, muss schlimmstenfalls mit einem Bußgeld rechnen. Gastwirte müssen sich an dieselben gesetzlichen Regelungen halten wie im restlichen Jahr. Zumindest in Köln gilt: Die Toleranz ist an den Karnevalstagen unter den Nachbarn größer als sonst, wie es im dortigen Ordnungsamt heißt. Das Thema Lärm stehe hinten an.
Trink, Brüderlein, trink – aber mit Augenmaß. Am Arbeitsplatz sollte Alkohol auch an Fasching tabu sein. Wer im Büro zu tief ins Glas schaut oder mit einer Fahne vom Vortag auftaucht, riskiert eine Abmahnung. Vor der feuchtfröhlichen Polonäse durch die Firma sollte die Belegschaft sicher sein, dass der Chef damit einverstanden ist. Wer an den närrischen Tagen mit Bierflaschen in Busse, S-Bahnen oder Züge steigt, braucht sich in der Regel weniger Sorgen machen, wie Michael Oerder, Verwaltungsrechtler aus Düsseldorf sagt. Zwar ist laut Beförderungsbedingungen dort fast überall das Trinken untersagt. Die Sicherheitsdienste seien an Fasching jedoch kaum in der Lage, das Verbot auch durchzusetzen. Ganz anders im Straßenverkehr: Die Polizei wartet in den kommenden Tagen nur darauf, Schlangenlinien fahrende Jecken aus dem Verkehr zu ziehen. Wer betrunken einen Unfall baut, muss mit einem Strafverfahren rechnen, ist seinen Führerschein für mindestens neun Monate los und hat drei Monatsgehälter Geldstrafe am Hals. Ab 0,5 Promille ist der Lappen auch ohne Unfall weg.
Quelle: eigen
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