Tourismusminister der Türkei, Nabi Avci auf der ITB 2017
Die sonderbare Türkei-Pressekonferenz auf der ITB 2017
" Immer wieder schön" so lautet der diesjährige Slogan des Türkei-Tourismus. Dieses Motto gilt auch derzeit für Auftritte türkischer Minister in Deutschland.
Die touristische Nachfrage mag europaweit auf einem neuen Tiefstand sein, doch in der Türkei selbst, sieht man kaum Anzeichen einer Krise: „Die Türkei zählt auch 2016 zu den beliebtesten Urlaubsziele der Deutschen“ so konnte der zuständige Minister Nabi Avci zufrieden berichten. „Auch für das laufende Jahr zeigt sich die Türkei positiv, die Bedeutung des Landes für den Tourismus ist unverändert“, stellte Avci fest, „wir sind überzeugt, dass sich die Türkei 2017 erholen wird.“ Die Zuversicht kann nicht aus Deutschland genährt werden, da sind sich Experten sicher, da hierzulande die Besucherzahlen phasenweise über 50 % eingebrochen sind.
Trotzdem konnte Avci sehr konkret die Gründe für den anhaltenden Optimismus nennen: „Wir verzeichnen enorme Zuwächse aus dem indischen Markt. Immer mehr Inder entscheiden sich, in der Türkei zu heiraten“. Damit ist eine Überraschung perfekt: Die Türkei scheint auf dem wichtigen Markt Indien plötzlich Fuß zu fassen, dies war bislang so deutlich noch nicht berichtet worden.
Die tatsächlichen Steigerungsraten konnte der Minister ebenso wenig benennen wie die angekündigten Maßnahmen, mit der die Türkei ein ambitioniertes Ziel erreichen wollen: „Im Jahr 2023 wird unser Land unter den Top-10 der weltweiten Reiseziele rangieren. Wir haben Maßnahmen getroffen und schauen voller Zuversicht in die Zukunft“, so Avci. Ob der Minister dann noch selbst dem Ministerium vorstehen wird, ist eher unwahrscheinlich, da die ministerielle Haltbarkeitsdauer in Ankara doch ziemlich begrenzt ist.
Aktuelle Probleme zwischen der Türkei und Deutschland sieht Avci nicht. Es sei eher die Weltlage, die überall Einfluss auf den Tourismus hat.
Medienberichte und die beginnende Diskussion über einen möglichen Reiseboykott sind aber Minister Avci ganz offensichtlich nicht verborgen geblieben – und ziemlich „unter die Haut gegangen“. Der Autor dieser Zeilen eröffnete die Journalistenfragerunde im Anschluss an den offiziellen Teil der Pressekonferenz mit der Bitte: „Können Sie die Maßnahmen, mit welchen die Türkei konkret das Ziel 2023 erreichen will, etwas erläutern?“
Daraufhin verweigerte der Minister die Antwort, und ließ (so Beobachter vor Ort) seine bisher so freundliche „Maske“ fallen, in dem er erklärte: „Wir kennen Herrn Peter Hinze und seine schändliche Berichterstattung über die Türkei“. Eine erneute Bitte um eine sachliche Antwort verbunden mit dem Hinweis, „wir befinden uns hier auf dem Boden eines demokratischen Landes in einer offiziellen Pressekonferenz, deshalb würde es doch der Normalfall sein, sachlich zu fragen und sachlich zu antworten“, stimmten Avci nicht um. Ebenso wenig der Zusatz, „Sie selbst waren doch früher ein angesehener Journalist in der Türkei“. Der Türkei-Tourismusminister verweigerte alle weiteren Antworten. Und unterstrich damit, wie schwierig aktuell der Umgang mit „anderen Meinungen“ von Seiten der türkischen Behörden gehandhabt wird.
Die gleiche Gefahr unterstricht bereits zu Wochenbeginn Karl Born, Ex-TUI-Vorstand, in einem Interview auf dem Blog „Reception Insider“: „Die türkische Regierung hat ihre Landleute zum Denunzieren aufgefordert. Das bedeutet für Touristen, es kommt auf die eigene Äußerung nicht an. Ein kleiner Streit über eine Nebensächlichkeit kann zu einer Denunziation führen. Ich rate deutschen Urlaubern zu höchster Vorsicht. Was außerhalb der Hotelanlagen passiert, kann unberechenbar sein.“ (Das komplette Born-Interview unter http://https://www.reisenundgolfen.de/index.php?set=details&id=1381&cat=extrabox2)
Genauso unberechenbar wie das Verhalten von Nabi Avci, der mit der aktuellen Pressekonferenz auf der ITB 2017 nur noch einmal deutlich unterstrich: Aktuell darf „Urlaub in der Türkei“ für deutsche Touristen kein Thema sein. Die Diskussion um einen Reiseboykott ist aktuell die richtige Antwort auf das türkische, undemokratische Verhalten.
Quelle: Eigen
Share on Facebook