Zwischen bayerischem Reis und Bavarian Spritz

Das etwas andere Kochbuch aus dem Chiemgau

Es hat etwas länger gedauert, mit dem neuen Gourmetführer der Münchner Autorin Hannelore Fisgus. Corona, Lockdown, Lieferschwierigkeiten, alles klar. Doch jetzt ist das Buch endlich da. Mit Geschichten und Gerichten, Porträts und Photos aus einer der beliebtesten Urlaubsregionen Deutschlands. Kein herkömmliches Kochbuch wie so viele, sondern eher ein kulinarischer Reiseführer.

Inhaltlich sind viele Schmankerl für den Abstecher und/oder Aufenthalt in der oberbayerischen Bilderbuchlandschaft zwischen Rosenheim, Salzburg, Truchtlaching und den Chiemgauer Bergen  zu finden. Von der „Chiemsee-Bouillabaisse“ der Fischer über den aus fermentiertem Stielmangold bestehenden „Chiemchi“  und  die „Fledermaus“ vom Rind bis hin zu „Kymsee“-Whisky und zu „Wasserkefir“ im „Wiggerl 17“, dem mutmaßlich angesagtesten Cafe in Traunstein. Hannelore Fisgus hat monatelang recherchiert, ist auf Almen geklettert, in Bierkeller hinabgestiegen und hat Wirte besucht, die von exotisch(„Alpendashi“) bis bodenständig(„Hasenöhrl“) alles auf bzw.in der Pfanne haben. Das zu lesen macht Spaß und lässt das Wasser im Munde zusammen laufen.

Paprikapulver-geschwärzter Zander am Simssee, des „Kinis“ Lieblingsgericht „Hechtenkraut“ auf Herrenchiemsee, Rehherz und Fichtennadelcremesuppe am Samerberg,Backerl vom Voralpenstrohschwein- man klappt das Buch hungrig zu und beschliesst, demnächst bald mal unbedingt in den Chiemgau zu reisen. Denn dort findet der Gast den „bayerischen Reis“(Mischung aus alten  Getreidesorten wie Emmer, Dinkel und Einkorn) oder den „Bavarian spritz“( weniger knallfarbig als der Aperol und weniger süß).
Fisgus plädiert für mageres Ziegenfleisch und alte Kühe(„schmecken viel besser als junge Rinder“), porträtiert liebevoll  junge wilde Köche, experimentierfreudige Etablierte und Menschen, denen ihre Heimat rund um den Chiemsee am Herzen liegt. Neben manch interessanter Anekdote( die chaotische Flucht des Bayernkönigs 1918 in den Chiemgau, des Kinis wackelige Zähne) erfährt man Wissenswertes über die Herkunft der Bezeichnung „Kaiser-Schmarrn“( hat nix mit blauem Blut zu tun, sondern ist eine Verballhornung von „Kaser“, also den Sennern) oder die Bedeutung eines „Salettls“ für die Gastronomie früherer Zeiten. Merke: am schönsten ist ein Salettl mit eingebauter Holzkegelbahn.

Gibt’s alles im Chiemgau. Das neue Buch von Hannelore Fisgus ist dafür genau der richtige Führer. Die vielen Photos von Ingolf Hatz tun das ihrige dazu, die Reise dorthin zeitnah zu planen.
Leider hat die rührige Autorin vergessen, die Orte der Gaumenfreude genau zu benennen. So liest man zwar mit Vergnügen so manchen Geheimtipp ( z.B. das Fährgasthaus an der Alz mit seinen Kaspressknödeln und den Hollerkiacherln), aber es fehlt die exakte Ortsangabe. Das ist schade und das kann auch die kleingedruckte Adressliste ganz hinten im verlagsseitig (Christian-Verlag) bestens ausgestatteten Buch nicht wettmachen. Apropos Kleingedrucktes: die Texte sind zu klein gedruckt, manche „Bleiwüste“ macht das Lesen manchmal mühsam.
„Das Chiemgau-Kochbuch“ von Hannelore Fisgus, Verlag Christian, Preis:29,99 Euro

Quelle: Eigen

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