Wenn der Dambedei ein Springerle und ein Hutzelbrot isst


Leckeres aus dem Süden zur Advents- und Weihnachtszeit


Das in Baden und Württemberg weit verbreitete Hutzel- oder Schnitzbrot entstand
einst als bäuerliches Festtagsgebäck und versüßte in der Vergangenheit nicht nur
Bauern und Bediensteten die Weihnachtszeit, sondern auch den Tieren. Um Unheil
abzuwehren und dem Glück Tür und Tor zu öffnen, bekamen selbst die Stallbewohner
ein Stück als Maulgabe. "Hutzelig" bedeutet im Schwäbischen so viel wie
"runzelig" und beschreibt den Zustand der verarbeiteten Birnen und anderen
Früchte, zu denen sich neben Mehl häufig auch Nüsse oder Mandeln gesellen. Was
darüber hinaus in den Teig wandert, hängt ganz vom eigenen Geschmack oder dem
seit Generationen überlieferten Familienrezept ab: Ob weihnachtliche Gewürze,
Rübensirup, Kirschwasser oder Zitronat und Orangeat - der eigenen Fantasie sind
keine Grenzen gesetzt. Serviert wird das Brot nach alter Tradition mit Butter.
Wem das nicht reicht, der gönnt sich außerdem einen Klecks Marmelade oder Honig.
Experimentierfreudige probieren es mit Käse.

Der Typ ist braun gebrannt, weithin bekannt und verfügt über viele Namen: In
Nordbaden und der Kurpfalz kennt man ihn als Dambedei, in Südbaden als Grätti-
oder Baselmann und in anderen Regionen begegnet er als Weck- oder Klausenmann.
Doch ganz gleich, welchen Namen er trägt, an seinem charakteristischen Aussehen
erkennt ihn jedes Kind sofort. Mit Spitzkopf, Rosinenaugen, Mandelmund und der
Knopfleiste aus Nüssen macht der kleine Hefekerl ordentlich was her. Früher trug
die Figur neben dem Bischofshut auch einen Bischofsstab. Denn ihr Ursprung
liegt, wie bei vielen Festtagstraditionen im kirchlichen Brauchtum: Vom
Gottesdienst ausgeschlossene Personen erhielten gesegnetes Brot, das am
Gedenktag des Bischofs Nikolaus von Myra die Form eines Mannes trug. In vielen
Regionen im Süden wird der beliebte Gebäckmann daher auch am Nikolaustag
verteilt. Mancherorts erfreut er Groß und Klein aber bereits am Martinstag.

Springerle sind einzigartig im Geschmack und zieren in der Adventszeit so manche
Kaffeetafel. Die kleinen Kunstwerke aus Anisschaum gehören mit ihrer hellen
Farbe und den lieblichen Motiven zu den schönsten Weihnachtsgebäcken und eignen
sich daher nicht nur zum Verzehr, sondern auch als Christbaumschmuck. Ihre
besondere Gestalt bekommen die ursprünglich vor allem im
schwäbisch-alemannischen Raum verbreiteten Plätzchen durch Modeln, die meist aus
Holz, seltener aus Stein, Metall oder Keramik gefertigt sind. Wenn der Teig in
die eingeschnitzten Hohlformen gedrückt wird, entsteht ein reliefartiges Bild.
Die Herstellung des Gebäcks verlangt allerdings etwas Übung: Damit die Muster
ihre Form behalten und die Springerle ihrem Namen alle Ehre machend
"aufspringen", sind Zeit, Geduld und Fingerspitzengefühl gefordert. Doch die
Mühe zahlt sich aus. Bei richtiger Lagerung sind die Schmuckstücke nicht nur
schön weich, sondern auch lange haltbar.
Eine besondere Form eines "südlichen" Traditionsgebäcks bildet die Neujahrsbrezel. Für viele ist sie untrennbar mit dem Jahreswechsel verbunden.
Aus einem Neujahrsring entstanden, verkörpert
sie auch heute noch Unendlichkeit und darf beim Neujahrsfrühstück auf keinen
Fall fehlen. Die häufig aus süßem, vereinzelt aber auch leicht gesalzenem
Hefeteig geformten Glücksbringer können in Größe und Dekor stark variieren. Ein
besonders ausladendes Exemplar kann bis zu einem Meter messen und mit vielen
geflochtenen oder geschnittenen Verzierungen mehrere Kilo wiegen. Nach altem
badischen Brauch werden die Neujahrsgaben zuweilen noch mit eingebackenen
Geldstücken serviert.
Viele Sagen ranken sich um die Entstehung des sternförmigen Gebildebrots mit dem
eigentümlichen Namen. Manche sind sich sicher, es handle sich bei der vor allem
in und um Reutlingen verbreiteten Mutschel um eine Art Opferbrot. Andere sehen
in dem mürben Hefegebäck mit traditionell acht Zacken eine Nachbildung des
Sterns der Weisen aus dem Morgenland. Auch der Ursprung ist umstritten. War es
wirklich der Reutlinger Bäcker Albrecht Mutschler, der das Gewürzbrot im 13.
Jahrhundert erfand und ihm seinen Namen gab? Fest steht jedenfalls, dass der
Begriff "Mutsche" als Umschreibung für ein kleines Brot bereits im Mittelalter
verwendet wurde und "Mutschelmehl" eine noch in vielen Regionen verwendete
Bezeichnung für Paniermehl oder Semmelbrösel ist. Als echter Brauch gilt der
"Mutscheltag". Er wird in Reutlingen am Donnerstag nach Dreikönig gefeiert. Wo
ehemals ein Preisschießen stattfand, bei dem die besten Schützen mit Mutscheln
belohnt wurden, geht es heute gemäßigter zu: In geselliger Runde wird um die
Trophäe gewürfelt - oder besser gesagt "gemutschelt".

Weitere Informationen sowie Rezepte gibt es unter:
https://www.schmeck-den-sueden.de

Quelle: Baden-Württemberg Tourismus

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