Valletta - Kulturhauptstadt 2018

Strait Street als Vorzeige-Objekt
Die Reisejournalistin Lilo Solcher war vorab in einer der Kulturhauptstädte für das Jahr 2018 in Valletta ( neben Leuuwarden) unterwegs. In ihrem Reiseblog „Lilos Reisen“ beschreibt sie die Schwierigkeiten, Valettas Strait Street wieder auf Vordermann zu bringen und zum glänzenden Symbol für Valettas Vergangenheit und Zukunft werden zu lassen. Wir veröffentlichen ihren Artikel in Auszügen:
„Wenn Malta ein Stein ist, der „dem Herrgott auf dem Weg von Europa nach Afrika aus der Hand gefallen ist“ sein sollte, dann hat sich dieser Stein ziemlich gut gemacht. Zwar gibt es auf der Mittelmeerinsel keine Flüsse und keine Wälder, dafür eine Ansammlung von Palästen, Tempeln und Kirchen, die wohl weltweit einzigartig ist – und Valletta, zusammen mit dem niederländischen Leeuwarden Kulturhauptstadt 2018 ( siehe auch http://https://www.reisenundgolfen.de/index.php?set=details&id=1720&cat=reisen#1)
Die gewaltigen Mauern und dicken Türme, der Festungsgraben und die Forts, die Kirchen und Paläste zeugen von der reichen Geschichte und Kultur der maltesischen Hauptstadt. Doch die Organisatoren der Valletta 2018 Foundation, die sich um die Planung des Kulturjahres kümmert, haben weniger die Vergangenheit im Blick als die Gegenwart und die Zukunft. Und da hat Valletta noch Nachholbedarf. Gerade mal 6000 Menschen leben noch in der Hauptstadt – und das, obwohl Valletta sich eine optische Verjüngungskur gegönnt hat.
Mehr als 140 Projekte und 400 Events stehen auf dem Programm – von klassischer Oper über Performance und Design bis zu Musik, Tanz und Film. Wenn am 20. Januar das Kulturjahr feierlich eröffnet wird, füllen sich die Plätze und Gassen der Stadt mit Musik, Theater, Tanz und Videokunst. Die „Festa“ soll das große Erbe der Stadt in die Gegenwart holen, so Mit-Organisator Sean Borg, der darauf Wert legt, dass Valletta 2018 „von Menschen für Menschen“ gedacht ist.
Eines der wichtigsten Projekte für das Kulturhauptstadtjahr ist deshalb die Wiederbelebung der Strait Street, einer schmalen Gasse, die bis hinunter zum Hafen führt und ehemals so etwas wie das Rotlicht- aber auch das Künstlerviertel Vallettas war. Guiseppe Schembri Bonaci – wilde graue Lockenpracht, grauer Bart, braune Augen in einem Kranz von Lachfalten – ist hier aufgewachsen und erinnert sich gerne an die Zeit, als seine Großfamilie mehrere Etablissements in der Strait Street betrieb und jede Bar noch ihre eigene Band hatte. „Bis 1972 war die Straße voller Leben,“ erzählt er und betrachtet wehmütig die heruntergekommenen Fassaden und die klapprigen Holzverschläge, die als Türen dienen. In den späten 1980er Jahren hätten viele Bewohner Valletta den Rücken gekehrt, berichtet er – auch seine Familie. Bonaci ging ins Ausland, studierte in Moskau, Paris und Mailand Philosophie, Jura und Kunst, er leitete Kunstworkshops in Frankreich, Bulgarien, Deutschland, in Moskau und Australien und hatte Ausstellungen in Paris und Stuttgart, in Moskau und Canberra, aber auch in Malta.
Vor fünf Jahren wurde ihm die künstlerische Leitung des Strait-Street-Regenerationsprojekts angeboten. Jetzt ist er zurück, da, wo er herkam, und schaut zu, wie die alten Paläste aufgefrischt und wieder belebt werden. Nicht alles ist freilich nach Bonacis Geschmack. Der Bohemian, der am liebsten experimentelles Theater macht und Multikulturelles schätzt, befürchtet eine Gentrifizierung. „Nun kommt das große Geld in die Strait Street und ich helfe bei dieser Kommerzialisierung auch noch mit,“ ärgert er sich.
Man merkt, dass es ihm wichtig ist, was aus der Straße seiner Kindheit wird, aus dem „Morning Star“, dem Tanzsalon des Großvaters, aus dem ehemaligen Cotton Club, über dem er mit seiner Großmutter lebte, aus dem „Garden of Eden“, der derzeit eingerüstet ist. Es wird dauern, bis die Strait Street „chic“ ist, wie Bonaci es nennt. Gegen einige Widerstände wird er versuchen, ein Stück Kunst und Anarchie in die aufgehübschte Straße hineinzubringen.
Grundsätzlich ist er skeptisch, was den Fortschritt und die Politik auf Malta angeht. Der Mord an der kritischen Journalistin Daphne Caruana Galizia, die Korruption und Geldwäsche auch der Regierung anprangerte, hat ihn erschüttert, auch wenn er mit der politischen Einstellung der 53-jährigen Malteserin nicht konform geht. Die 53-Jährige habe sich mit vielen angelegt, die anders dachten als sie, aber in letzter Zeit habe sie zunehmend Regierungschef Joseph Muscat ins Visier genommen. „Überall sind Gauner, egal wo du gerade hinsiehst. Die Lage ist ausweglos,“ schrieb sie in ihrem letzten Blogeintrag – kurz darauf war sie tot.
„Wir sehen Kultur als Investition in die Zukunft,“ schreibt Jason Micallef, der Chairman der Foundation Valletta 2018. Die Gesellschaft werde von der künstlerischen Dynamik profitieren. Im Kulturhauptstadtjahr wolle man deshalb „unterhalten, fordern, provozieren“. Giuseppe Schembri Bonaci, der künstlerische Leiter des Strait Street Projekts sieht diesen dreifachen Anspruch als Auftrag: Die Strait Street soll sich wieder mit Leben füllen, aber dabei ihr Erbe nicht vergessen.
Einige Termine : 14. bis 21. Januar Eröffnungswoche mit einem großen Festival aus Tanz, Musik und Performance, das ganz Malta und auch die Schwesterinsl Gozo mit einbezieht.
9. bis 14. Februar Karneval. Höhepunkt dieser jahrhundertealten Tradition, die noch auf die Malteser Ritter zurückgeht, ist die schwimmende Parade
15. Mai Star of Strait Street, ein auf einer wahren Geschichte beruhenden Musical aus den Glanztagen der Strait Street
29. Juni bis 14. Juli Malta International Arts Festival mit Musik, Theater, Oper, Videokunst, Tanz, Filmen, Installationen, Performances und interaktiven Gemeinschaftsprojekten auf der ganzen Insel.
Weitere Informationen unter https://www.valletta2018.org
Informationen zu Malta unter https://www.malta-online.de und https://www.visitmalta.com/de
Den ganzen Artikel und weitere Geschichten und Reportagen von Lilo Solcher kann man unter https://www.lilos-reisen.de/valletta-und-die-strait-street lesen.

Quelle: Lilos reisen

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