Golfen, gondeln und genießen

Der Venedig Lido

Wie jeden Sommer schieben sich Besucherströme über den Markusplatz Richtung Rialtobrücke. Die Hitze flimmert über den Plätzen und in den engen Gassen steht die Luft. Von den Wasserwegen zwischen den altehrwürdigen Palästen hallt der theatralische Gesang der Gondolieri oder ihr Fluchen, wenn sich die Gondeln und Wassertaxis wieder einmal stauen. Ein entspannter City-Trip sieht anders aus - und ist nur eine knappe Stunde mit dem Vaporetto, dem Wasserbus, entfernt: Der Lido. Auf der Insel, die der Lagune vorgelagert ist, angekommen genießt der Besucher erst einmal den unverstellten Blick auf das sagenhafte Panorama der Serenissima. Hier kann man sich auf´s Fahrrad schwingen und das langgestreckte, schmale Seebad erkunden, wo Adel und Geldadel in den mondänen Luxushotels schon vor über 100 Jahren Stammgäste waren.

Zu schön fand mancher High-Society-Sommerfrischler die Insel mit ihren feinen Sandstränden, um nur Urlaub zu machen und ließ sich hier nieder. Man baute herrschaftliche Villen, inspiriert von der Art Deco- und Jugendstil-Bauweise, die in Europa gerade angesagt war, ergänzt mit byzantinischen Elementen. Die eine oder andere Prachtvilla ist einen kurzen Foto-Stopp wert, bevor es weiter geht auf den neu angelegten Fahrradwegen. Nicht jeder Resident des noblen Lido-Viertels ist begeistert von den radelnden Touristen. Von giftigen Blicken oder Bemerkungen sollten sich die Freizeitbiker aber nicht irritieren lassen. „Die Einheimischen müssen sich erst an Radfahrer gewöhnen“, beschwichtigt die Stadtführerin.

Mit den ausgebauten Radwegen und Leihrädern will das Konsortium Lido, ein Zusammenschluss der Hotel- und Ferienwohnungs- sowie der Golf- und Flugplatzbetreiber der Insel, aus dem Schatten der Serenissima treten und auf Messen und mit anderen Werbemaßnahmen auf sich aufmerksam machen. Mit dem Filmfest sei der Lido zwar einmal jährlich in aller Munde. „Aber wir haben mehr zu bieten“, betont die Präsidentin des Konsortiums Michela Cafarchia, die ein mondänes und geschichtsträchtiges Gästehaus im Stadtteil Borgo di Malamocco betreibt. „Jedes Haus bei uns hat Geschichte“, sagt sie. Besonders im historischen Stadtteil Malamocco, wo der venezianische Doge residierte, bevor er im neunten Jahrhundert auf die damals noch kaum besiedelte Lagune umzog. Das Relais Alberti, das Michela Cafarchia und ihre Kollegin Michaela betreiben, erinnert an den letzten privaten Besitzer des Anwesens, einen Bankier aus Florenz, der den Aufbau der Serenissima mitfinanzierte und damit in den Adelsstand erhoben wurde. Später wanderte die Geldadelsfamilie nach New York aus und gründete dort eine italienische Gemeinde.

Ein Imbiss bei den Alberti-Gastgeberinnen mit hausgemachter Limonade aus Früchten und Kräutern vom eigenen Garten ist fast schon Pflicht, bevor man wieder in die Pedale tritt, ein Blick in die altehrwürdige San Nicoló-Kirche mit angeschlossenem Benediktinerkloster, das heute Sitz der Europäischen Inter-Universität für Menschenrechte und Demokratisierung ist, einen Spaziergang über den WWF geschützten Strand „Oasi degli Alberoni“ und dann weiter Richtung Golfplatz strampeln.

Auf der Restaurant-Terrasse sitzt Giorgio Ceciglia, der 15 Jahre als bester Spieler auf dem Platz galt. Der inzwischen betagte Lido-Champion kennt die 18-Loch Anlage in- und auswendig und kann so manche Anekdote erzählen. Als der Platz mit zunächst neun Löchern 1928 eingeweiht wurde, habe es zwar schon vier Golfplätze in Italien gegeben. „Unser Platz war aber der schönste“, sagt der Golfer aus Leidenschaft.

Eine erfrischende Brise weht zwischen den Schatten spendenden, historischen Bäumen. Unter den mit sattem Grün bewachsenen Hügeln sind massive Festungsbauten, die zum Schutz vor der Türkeninvasion im 17. Jahrhundert gebaut wurden.
Die Idee für den Golfplatz damals vor 90 Jahren ist wohl eher aus einem Zufall entstanden. Als Henry Ford, Gründer der Ford-Werke in den USA, 1928 samt seinem Golfbag auf dem Lido-Flughafen landete und im Grandhotel Exelsior eincheckte, stellte er entsetzt fest, dass es auf dem Lido keinen Golfplatz gibt. Sofort ergriff der egozentrische Unternehmer die Initiative und stachelte seinen Freund, Giuseppe Volpi di Misurata an, unverzüglich einen Platz zu schaffen. Der damalige Präsident der Vereinigung der Grandhotels wählte das 100 Hektar große Areal im Stadtteil Alberoni aus und ließ den ersten Spatenstich setzen. Als Gestalter des Golf-Areals engagierte er den Experten Maxwell M. Hart aus Glasgow.
Mit Genugtuung konnte Ford daraufhin seine Schläger schwingen und lockte Gleichgesinnte auf das Green. Darunter Hitler und Mussolini, den Herzog von Windsor und viele andere illustre Zeitgenossen. 1951 forcierte Henry Cotton eine Erweiterung zum 18-Loch Platz. Damit war nunmehr Par 72 die Vorgabe für ambitionierte Spieler und Champions auf dem Platz zwischen der Adria und der Lagune von Venedig.

Auf dem Hügel von Loch neun bleibt Giorgio stehen und deutet auf eine Glocke, die zwischenzeitlich zur Hälfte in den Baum, an dem sie einst befestigt wurde, eingewachsen ist. „Früher musste immer einer die Glocke läuten, bevor wir den Ball die 160 Meter über den Hügel droschen“, grinst der Golf-Senior. „Hätte sein können, dass hinter der Kuppe noch jemand am Abschlagen ist“, erklärt er. Heute hat die Glocke als Warnsignal längst ausgedient.

Nach der Runde über die Fairways und einer beschaulichen Tour per Fahrrad folgt ein Wechsel vom Land- auf den Wasserweg. Die Gondel steht bereit und wer Lust hat, kann sich von einem der beiden Gondolieri in die Kunst einführen lassen, ein typisch venezianisches Boot zu steuern, während sein Kollege am Bug den Kahn auf Kurs hält. Jeder probiert sein Können und mitunter bringen die Missgriffe den Lehrmeister an den Rand der Verzweiflung. Den Tag sollte man dann aber unbedingt bei einem Drink an der Bar des in neuem Glanz erstrahlenden, historischen Jugendstilhotels Ausonia & Hungaria beschwingt ausklingen lassen.
Auch in Sachen nachhaltiger Tourismus ist man auf dem Lido aktiv: Jeden Sonntag gibt es Naturführungen in der Gruppe für 5 Euro pro Person.
Golfer werden mit einem Paket der Villa Pannonia beim „Golfspiel-Genuss in Venedig“ glücklich: Zwei Übernachtungen mit Frühstück im Doppelzimmer und Green Fee: Nebensaison 250 Euro, Hochsaison 390 Euro pro Person.
Auch ein Ruder-Paket steht zur Auswahl: Zwei Übernachtungen mit Frühstück im Doppelzimmer und eine Stunde Rundfahrt durch die Lagune nebst Übung des venezianischen Ruderstils: Nebensaison 320 Euro, Hochsaison 400 Euro pro Person.
Weitere Informationen unter https://www.hotelvillapannonia.it
Weitere Hotels: https://www.hotelhungaria.com ; https://www.villamabapa.com
https://www.hotelhungaria.com
Zum Venedig-Lido-Konsortium (Consorzio Venezia e il suo Lido) siehe
https://www.veneziaeilsuolido.it

Quelle: eigen

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