Karneval-Verlängerung

In Basel startet das Fasnachtsfieber nächsten Montag

Wenn in Deutschland schon lange die letzte Papierschlange zusammengekehrt ist, rüstet man sich in Basel erst so richtig für den Endspurt. Denn die Fasnacht beginnt erst so richtig am Montag nach Aschermittwoch:

Am Abend vor dem großen Spektakel, das Schlag vier Uhr morgens beginnt, sind im „Schnabel“ alle ziemlich aufgeregt. Lukas Minder trifft in dem Stammlokal der Seibi-Clique letzte Vorbereitungen für den Auftakt der drei Fasnachtstage. Das ganze Wochenende über hatte es geregnet, doch der Cliquenchef ist zuversichtlich: „Petrus ist ein Basler“, sagt er. In den letzten zehn Jahren sei das Wetter immer gut gewesen. „Nur einmal ist am Vortag ein halber Meter Schnee gefallen“, erinnert sich der 35-jährige Cliquenobmann, der außerhalb der Fasnachtszeit als Projektmanager in einem Handelsunternehmen arbeitet. Rechtzeitig vor dem großen Countdown hätten die Basler Räumfahrzeuge ganze Arbeit geleistet. „Damit lag dem Morgenstraich nichts mehr im Weg“, sagt Lukas Minder.


Bevor die Glocke von St. Martin, der ältesten Kirche Basels, zur vierten Morgenstunde schlägt, wird es dunkel in der Stadt. Keine Reklame leuchtet mehr und die Straßenlaternen sind nur noch schemenhaft auszumachen. In ihrem letzten Schein haben die „Ziigli“ nach strengem Reglement Position bezogen. Dann wird es ganz still. Mit dem ersten Schlag der Kirchturmuhr geht ein erwartungsvolles Raunen durch die Zuschauermenge. Kaum ist der vierte Schlag verklungen, setzt ein wilder Trommelwirbel, begleitet von schrillen Tönen der Piccoloflöten ein. In den Ohren betäubenden Getöse geht der Marschbefehl der Tambourmajore fast unter: „Morgenstraich, vorwärts Marsch!“ rufen die Anführer der Cliquenzüge. Träge setzen sich die Formationen in Bewegung. Der Vortrupp mit seinen Stecklaternen gibt das Tempo nach strengem Ritual mit 90 Schritten pro Minute vor. Im Takt der Trommeln und der Piccoloflötentöne folgen die Cliquen mit ihren Zuglaternen.

Wie beleuchtete Plakatwände wirken die riesigen Laternen, auf denen die jeweiligen Cliquen das jährlich festgesetzte Fasnachts-Motto, das die Basler Sujet nennen, ideenreich und farbenfroh gestaltet haben. Je bissiger die meist politischen Themen diesseits und jenseits der Stadt- und Landesgrenzen auf´s Korn genommen werden, desto besser. Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. Nur für die Größe der jeweiligen Cliquen (bis zu 60 Mitglieder) und ihren Sujet-Laternen (bis zu vier Meter Höhe) setzt das Fasnachts-Komité ein Limit. Immerhin seien an den „drey scheenste Dääg“ in Basel rund 500 Cliquen unterwegs, verkündet der langjährige Obmann Felix von Rohr. Würde man alle Fasnachts-Aktiven rund um die Vorbereitungen des wichtigsten Spektakels in der Stadt am Rheinknie zusammenzählen, käme man auf rund 18 000, rechnet der Komité-Vorsitzende vor.


Einer davon ist Roman Peter. In seinem Atelier „Charivari“ kreiert der Masken-Spezialist die schaurig schönen Masken, die hier Larven heißen. Darunter Charakterköpfe wie die „Gryte“, die mit ihren langen Wimpern und den knallroten Lippen mit Zigarette im Mundwinkel ein verruchtes Frauenzimmer verkörpert. Der Wäggis erinnert an den „Strubbelpeter“, während die Graasaff-Larve ein eitles Weib darstellt. Das Stadtoriginal „Aenishänsli“ mit seinem rosig-runden Gesicht macht dagegen einen freundlichen Eindruck.
Umgeben von Farb- und Leimtöpfen, Perückenteilen und buntem Deko-Zubehör verpasst Maskenbildner Peter der Larve eines Politikers aus dem Kantonsparlament den letzten Schliff. Wer ist gemeint? „Die Einheimischen wissen, wer hinter der Karikatur steckt“, sagt der Larvenkünstler augenzwinkernd. Für Roman Peter sind die Figuren „s zwaite Gsicht“. Eine Fasnachtsmaske dürfe zwar überzeichnet, aber nicht grotesk verfälscht sein. „Dann wär´s nicht mehr lustig“, gibt Peter zu bedenken.

Viele Geschichten zur Herkunft der weltweit einzigen protestantischen Fasnacht und zur Bedeutung der Larven könnte der Experte für das „zweite Gesicht“ noch erzählen, doch mit den letzten Fasnachts-Vorbereitungen hat er alle Hände voll zu tun. Eines gibt Peter seiner Besucherin aber noch mit auf den Weg: Nur die Einheimischen kostümieren sich auf der Basler Fasnacht. Schon mit einer Pappnase könnte man sich als Zuschauer ziemlich unbeliebt machen.


Rote Nasen garantieren die frostigen Temperaturen beim Morgenstraich auch ohne Pappaufsatz. Einige Cliquen trotzen den Minusgraden bis zum Morgengrauen. Während die ersten Gasthäuser bereits öffnen und der Duft heißer Zwiebelwähe und Mehlsuppe in die eisige Kälte dringt, hallen ihre Trommel- und Flötentöne noch immer durch die Altstadtgassen. Doch dann lockt auch die Ausdauerndsten das traditionelle Morgenstraich-Frühstück, das garantiert aufwärmt.

Am frühen Nachmittag setzt sich das Treiben auf den Straßen fort. Die Montag- und Mittwoch-Nachmittage stehen im Zeichen der Cortège. Der große Umzug folgt den strengen Regeln des Fasnachts-Komités: Dabei marschieren die Stammcliquen voraus, die Alten und Jungen Garden sowie die Buebeziigli, Pfyffer- und Tambourengruppen schließen sich an. Zum Schluss kommen die Wagencliquen und Guggenmusiker. Wem das zu streng ist, der schert aus und zieht ohne festgelegte Route als „Schyssdräggziigli“ durch die Straßen. Während der Cortège ergießt sich ein wahrer Räppli-Wolkenbruch (Konfetti) und Dääfeli-Regen (Bonbons) über die Zuschauermenge. Auch Orangen oder Mimosen-Sträußchen als Frühlingsvorboten verteilen die vergnügten Fasnachts-Narren.

Die „Schnitzelbänkler“ sorgen später in den Altstadt-Lokalen auf ihre Art für Unterhaltung. Dabei gibt „dr Bangg“, wie die Einheimischen ihre Fasnachts-Poeten nennen, mit bissig-spöttischen Versen aktuelle Ereignisse zum Besten. Ein Lustgewinn für Einheimische. Wer allerdings kein Baseldütsch versteht, kann nur schwer folgen. Wenn in den Stammlokalen bei rhythmisch-schrägen „Guggenkonzerten“ bis in die Morgenstunden gefeiert wird, klappt die Verständigung auf jeden Fall. Mitten in dem närrischen Treiben versichert Felix Rudolf von Rohr euphorisch: „Wir haben die beschte Fasnacht der Welt!“ So hat es auch das Unesco-Welterbe-Komité gesehen und die Basler Fasnacht auf die Weltkulturerbe-Liste gesetzt.

Weitere Informationen zur Fasnacht: https://www.baslerfasnacht.info/basler-fasnacht/montag/index.php
über Basel unter https://www.basel.com
über die Schweiz https://www.MySwitzerland.com
Traditionelle Lokale:
Schlüsselzunft, Freie Straße 25, https://www.schluesselzunft.ch
Zum Isaak, Münsterplatz, https://www.zum-isaak.ch
Restaurant zur Harmonie, Petersgraben 71 https://www.harmonie-basel.ch

Quelle: eigen

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