Radeln und Schlemmen rund um Castelmagno

Wilde Täler und würziger Käse im Piemont

Italien hat die Grenze geöffnet und endlich geht es wieder über den Brenner gen Süden. Was haben wir uns nach dem ersten Cappuccino, nach dem typischen Geruch der Autobahnraststätten gesehnt, in denen uns der Barista lässig die Tasse über den Tresen schiebt. Bella Italia, wir kommen! Wir meiden allerdings volle Strände und machen uns auf den Weg zum „König der Käse“, in die Bergwelt des Piemont.

Das Piemont ist berühmt für Wein und Trüffel, aber spätestens seit den Olympischen Winterspielen 2006 auch für seine Berge. Die an Frankreich grenzende Provinz Cuneo ist ein Dorado für Wanderer, Biker und Naturabenteurer und Ausgangspunkt für viele Touren. Hier gibt es noch alpine Urlandschaften abseits des Massentourismus, wildromantische Täler mit reißenden Bächen, über 3000 Meter hohe Gipfel und mehr als 6000 km markierte Wanderwege – vom Spazierweg bis zum Klettersteig. Fernwanderwege und alte „sentieri della transumanza“, Transhumanzpfade, also alte Hirtenwege, führen von den Tälern auf die Gipfel und zu zahlreichen Berghütten, vorbei an blühenden Almen, schroffen Felsen und tosenden Bächen.
Gerade in diesem Sommer ist es vielleicht angebracht, sich Urlaubsmöglichkeiten zu erschließen, die Abstand halten möglich machen. Wo ist das einfacher als in der freien Natur, abseits voller Strände oder überlaufener Bergtrails wie in den nördlichen Alpen.
Von der Provinzhauptstadt Cueno geht es in gut erschlossene Täler, wie das Valle Maira , das Valle Stura oder auch das Valle Grana. Letzteres würde man ja eher in der Poebene vermuten, wo der gleichnamige Käse hergestellt wird. Aber dieses Tal ist für einen anderen Käse berühmt.
Hier wird seit Jahrhunderten der „Castelmagno“ hergestellt. Ein Käse aus würziger Heumilch von Kühen, Schafen und Ziegen. Dieser bei Gourmets besonders begehrte Bergkäse zeichnet sich durch natürliche Schimmelkulturen aus. Im Gegensatz zu Gorgonzola oder Roquefort werden dem Castelmagno die Schimmelkulturen nicht eingeimpft. „Manchmal kommt der Schimmel und manchmal nicht“ – sagt Giorgio Amedeo, der Käsemacher, der seinen Job in der Großstadt an den Nagel gehängt hat und in das Tal seiner Vorfahren zurückgekehrt ist, um diesen, früher einmal weltberühmten, Käse wiederherzustellen. Seine Käserei befindet sich auf 1700 Meter im Ort Castelmagno, einer weit verstreut liegende Gemeinde mit 17 Ortsteilen, wo der echte Castelmagno DOP erzeugt wird. Die Milch darf nur von Tieren stammen, deren Weiden auf 1700 bis 2200 Metern Höhe liegen.

Zum ersten Mal urkundlich erwähnt wird der Castelmagno im 13. Jahrhundert. Damals ist er nämlich ein anerkanntes Zahlungsmittel. Später, im 19. Jahrhundert, auf dem Höhepunkt seines Ruhmes, kitzelte die piemonteser Spezialität die Gaumen der Pariser und Londoner Society und galt sogar als „König der Käse“. Diesen Ruf verlor er, als die Bergbauern ab der Mitte des 20 Jahrhunderts in die Täler ziehen, wo das Leben nicht so rau und die Verdienstmöglichkeiten besser waren.
Wenn sie nicht in den Fabriken in Turin oder Cuneo arbeiteten produzierten sie auch weiter Käse aber der, sagt Georgio, der von der Höhe hinunterblickt, hat nichts mehr mit dem ursprünglichen Castelmagno zu tun. Dieser erlebt gerade ein Revival und ruht inzwischen wieder in den Felsenkellern von ein paar Käsern, die sich zu einer von Slow-Food initiierten Erzeugergemeinschaft zusammengeschlossen haben. Sie müssen sich an strikte Vorschriften halten. Nur wer seine Kühe auf über 1600 Meter weiden lässt und melkt, keine Pilzkulturen zusetzt, den Käse handwerklich herstellt und mindestens vier Monate reifen lässt, darf ihm als Gütesiegel ein occitanischen Kreuz aufdrücken. Das auch als „Tolosaner Kreuz“ genannte Zeichen, besteht aus 4 gleichschenkligen Armen. Als „Castelmagno d’Alpeggio“ DOP ist der Käse inzwischen wieder ein begehrtes Produkt in den Gourmettempeln von Mailand, über Paris bis San Francisco. Frisch schmeckt er mild und cremig, je reifer er wird, um so intensiver wird sein Aroma. Er duftet nach Pilzen, Wald und Keller und schmeckt nach der leichten Salmiakschärfe des Schimmels.

Der Reifekeller von Georgio Amedeo und seinem Sohn ist eine in den Berg gehauene Grotte, in der im Sommer wie im Winter die gleichen Bedingungen herrschen: Hohe Luftfeuchtigkeit und kühle Temperaturen. Hier lagern die kostbaren Käselaibe auf Holzbrettern und werden belüftet, gewendet, gesalzen, gewaschen und pikiert, damit sie den von Kennern so geschätzten Blauschimmel bekommen. Sein Käse hat schon viele Auszeichnungen gewonnen und er erklärt und zeigt seinen Gästen gerne, wie er entsteht. In der Berghütte über dem Keller serviert er Kostproben in verschiedenen Reifegraden und als besondere Spezialität die Ravioli des Valle Grana, die aus Kartoffelteig zubereitet und mit geschmolzenem Castelmagno serviert werden.

In seinem Refugium bietet der Käser auch Gästezimmer an, in der Nachbarschaft gibt es kleine, ursprüngliche Gasthäuser mit gemütlichen Zimmern und guter Küche. Wenn man nach einer Wanderung, einer Trekking oder Mountainbike-Tour (die kann man übrigens hier auch leihen) zum Beispiel auf den berühmten Colle Fauniera, zurückkommt, ist so eine deftige Stärkung mit Castelmagno und dazu ein lokales Bier und ein selbstgebrannter Schnaps gerade das Richtige.

Informationen
https://www.terredicastelmagno.com
https://www.relaislafont.it

https://www.cuneoholiday.com
Auf Anfrage erhält man hier auch Informationsmaterial zu Wanderungen und Radtouren
In deutscher Sprache.

Quelle: eigen

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