Das kleinste Hotel der Welt und eine „Stadtbrille“

Amberg überrascht mit einem vielseitigen Stadtprogramm.

Wer das Hotel Fronfeste in Amberg gebucht hat, kennt wahrscheinlich die Geschichte, die sich hinter den dicken mittelalterlichen Mauern des 1326 erbauten Gebäudes abgespielt hat. In Folterkammern, Torturstuben und dunklen Zellen des Gefängnisses fanden über Jahrhunderte die „peinlichen Befragungen“ statt, die mit grausamen Methoden durchgeführt wurden. Im Jahr 2007 erwarb die GbR Gerald Stelzer das Gemäuer und mit ihm die dunkle Vergangenheit aus Jahrhunderten.
Es begann die Umbauphase zu einem Hotel wie sich das Stelzer vorgestellt hat. „Bis zur Eröffnung waren sechs mühevolle Jahre vor uns gelegen. Der notwendige Brandschutz in den uralten Räumen war problematisch und das Arbeiten mit den dicken Mauern erforderte doppelten Einsatz“, erinnert sich Stelzer. Doch die Auszeichnung mit dem Denkmalpreis des Bezirks Oberpfalz bedeutete dann die staatliche Anerkennung. Für rund drei Millionen Euro entstand mit 30 Zimmern das Hotel „Fronfeste“.

Massive Stadtmauer und das kleinste Hotel der Welt
Dass Amberg nicht nur eine finstere Seite besitzt, beweist ein Spaziergang mit Guide Helmut Scharl. Er führt uns ortskundig entlang der malerisch, verwinkelten Gassen und Winkel zu entlegenen Plätzen. Auf unserem Rundgang nicht zu übersehen ist die massiv gebaute und etwas über drei Kilometer lange Stadtmauer. „Das Vilstor, Naaburger Tor mit Brücke, das Wingershofer Tor, über 100 Türme und ein breiter Stadtgraben sind besterhaltene Wehrelemente, die die Altstadt nach innen und außen schützten und somit heute den Charme einer historischen Stadt bewahren konnten,“ so Scharl. Auf dem Marktplatz erläutert er uns das stattliche Architekturensemble, das mit der St. Martinskirche, spätgotischem Rathaus, Fachwerkhäuser und der einstigen Ratstrinkstube aus dem 16. Jahrhundert die stolze Stadtgeschichte bezeugt. Auf unserem Rundgang fällt uns, eingeschlossen zwischen zwei Stadthäusern, ein rotes, schmales Haus auf, gerade mal gut 2,5 Meter breit, das Scharl das „Eh’häusl“ nennt. Wir erfahren, dass im Jahr 1728 der Rat der Stadt von heiratswilligen Paaren den Nachweis von Grundbesitz verlangte. Ein cleverer Kaufmann bebaute damals diese Lücke, ergänzte den Zwischenraum mit Vorder-, Rückmauer und einem Dach, was sodann als Grundbesitz diente. In der Folgezeit wurde das Haus von Paaren erworben, sie heirateten und dann ging das „Eh’häusl“ an die nächsten Eheleute in spe. Nach einer luxuriösen Sanierung und Ausstattung ist es heute das kleinste Hotel der Welt, so das Stadtbauamt Amberg, eine besondere Attraktion in Amberg.

Mit der Plätte über die Vils zur „Stadtbrille“
Ein außergewöhnliches Naturerlebnis bietet eine Plättenfahrt auf der Amberger Vils. Einst transportierte man auf dem Wasserweg Salz und Erz. Heute steigen die Besucher ganz bequem in die flachen Holzkähne ohne Kiel und Kapitän Walter Dieter steuert sicher und gekonnt durch die Flusslandschaft.
Mit nur drei bis fünf Knoten gleiten wir gemächlich durch die Vilsauen dahin, die 1994 für das Landesgartenschaugelände (1996) renaturiert wurden. Ingeborg Tourinsky vom Stadtbauamt weist darauf hin, dass zahlreiche heimische Vögel wie Kuckuck, Meisen, Amseln und sogar der farbenprächtige Eisvogel hier unter Naturschutz stehen und sich im dichten Grün der Uferbüsche besonders wohl fühlen. Auch der fleißige Biber hat hier einen optimalen Lebensraum gefunden und kann in aller Ruhe aus Ästen und Holzspänen seine „Burgen“ bauen. „Anfang Juni ist auf der Vils die beste Zeit,“ sagt Tourinsky. „Dann blühen und duften die Lilien und Teichrosen und zu dieser Jahreszeit leuchten ihre Blüten auch ganz zauberhaft“.
Wir staunen nicht schlecht als wir gegen Ende der Fahrt zur sogenannten „Stadtbrille“ kommen. Zwischen dem kurfürstlichen Schloss und dem Zeughaus spannt sich ein 46 Meter breiter Wassertorbau über die Vils, von denen zwei Bögen im Spiegelbild der ruhigen Wasseroberfläche einer Brille gleichen. Diese außergewöhnliche Brückenarchitektur, erstmalig erwähnt 1454, ist das unverkennbare Wahrzeichen der Stadt Amberg.

Kultur und Kulinarik
In der ehemaligen Franziskaner Klosterkirche, 1803 säkularisiert, wurde 1978 das Stadttheater eingerichtet. Nachdem der Zuschauerraum und die Bühne um 180 Grad gedreht wurden, bietet das Theater 540 Plätze und zählt zu den schönsten Kleintheatern Deutschlands. Der Veranstaltungskalender des Gastspieltheaters präsentiert ein buntes Programm. Dazu zählen Opern, Operetten, klassische Bühnenstücke, Tanztheater, Kabarette und Konzerte.
Und wo trifft man sich nach einem amüsanten Theaterabend – in einem Lokal seiner Wahl. In Amberg kommt man gerne zusammen in Wirtshäuser, Restaurants, Pubs, Bistros, Clubs und im Sommer die zahlreichen Biergärten.

Sechs Brauereien versorgen die Gäste mit ihren Bierspezialitäten, die von erfahrenen Brauern und ausgewählten Rohstoffen hergestellt werden. Der Qualitätshopfen aus der Hallertau und Gersten- und Weizenmalz aus der Oberpfalz liefern den herzhaften Trinkgenuss, der zum deftigen, traditionellen Essen wie Krautwickerl, Schweinsbraten oder Schweinswürstl mit Kraut passt. Ohne Biergenuss ist auch zum Beispiel das traditionelle Bergfest auf dem Mariahilfberg nicht zu denken. Um den 2. Juli treffen sich Wallfahrer und Besucher vor der barocken Franziskanerkirche auf dem Marienberg. Der religiöse Hintergrund des Festes war 1634 ein Gelübde der Mönche. Sie versprachen jedes Jahr eine Marien-Wallfahrt zur Bergkirche zu machen, wenn die Pest besiegt sei. Seither findet auf dem Mariahilfberg das Bergfest statt. Ohne Musik und Fahrgeschäfte trifft man sich nach dem Motto: „Beten, Bier und Bratwürscht“.

In der Altstadt von Amberg führt uns Maximilian Winkler an die Quelle und zwar in die Brauerei Winkler, die bereits seit 1617 besteht. Vor einem mächtigen, glänzend polierten Braukessel erklärt er uns ein paar Grundkenntnisse der verschiedenen Brauvorgänge. Was sind obergärige und untergärige Hefebiere, dass Bier aus Wasser, Malz und Hopfen besteht, und je nach Kalkgehalt des Wassers schmeckt es bitter oder bei weichem Wasser eher mild. Anschließend gibt es ein sogenanntes „Tasting“, durchgeführt in der gut besuchten Schwemm des BräuWirt, von seiner Mutter Angelika Winkler. Als geprüfte Biersommelier präsentiert sie uns verschiedene Hopfensorten. Und lässt uns kosten vom Pils über den malzbetonten Doppelbock, dem spritzigen Hefeweizen bis hin zum klassischen Hellen. Die gut gekühlten, süffigen Proben schmecken allesamt.
Und wir verstehen sehr gut, dass Amberg zu den „100 Genussorten in Bayern“ zählt und zurecht Bierstadt genannt werden kann.
Mehr Informationen unter https://www.amberg.de

Quelle: eigen

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