Reisen und Golfen

Colli Eugani – die Hügel vor der Po-Ebene

Hannelore Fisgus, ebenso die Bilder

Urlaubsziel für Wellness- und Weinkenner

Wie aus dem Nichts tauchen die kegelförmigen Hügel südwestlich von Padua aus der flachen Poebene auf. Wer schon in Abbano oder Montegrotto gekurt hat, kennt die bizarren Formationen und weiß inzwischen auch den Wein zu schätzen, der dort gedeiht. Wie wär’s mit morgens Fango, nachmittags Ausflug in die Weinberge und abends dann wieder Tango? Es lohnt sich, die Kultur und Naturschätze des Naturparks „Colli Euganei“ näher kennen zu lernen. Denn die Hügelkette überrascht mit weiten Blicken, prächtigen Villen, alten Klöstern, hübschen Dörfern, wie Arqua Petrarca, wo der berühmte Dichter seine letzten Jahre verbracht hat und Spitzenweine die den Vergleich mit Bordeaux-Cuvees nicht scheuen müssen.

Vulkane und Vino

Die Euganeischen Hügel waren nie feuerspeiende Berge, aber sie haben einen vulkanischen Ursprung. Vor Millionen von Jahren entstanden sie durch seismische Verschiebungen der Bodenschichten, was ihren Reichtum an Böden und Mikroklimata erklärt. Vulkanisches Kalkgestein und Lehmböden sind nicht nur für die guten Weinlagen verantwortlich, sondern auch für die enorme Biodiversität. Auf engstem Raum gedeihen hier Oliven und Wein, Kastanien, Kirschen, Mandeln und Haselnüsse. Im Frühling färbt der Ginster die Hänge gelb und unzählige Wildblumen setzen farbige Akzente. Obwohl die Colli nur 60 bis 600 Meter hoch sind glaubt man sich mancherorts im Hochgebirge und gleich nach der nächsten Kurve in mediterranen Gefilden.

Orangenblüten und Bordeaux-Weine

Riesige Rebflächen sucht man hier vergebens, hier dominieren kleine Weingärten meist in Familienbesitz. An exponierter Stelle, hoch über dem malerischen Dorf Arqua Petrarca, liegt „Vignealta“, einer der renommiertesten Betriebe der Region und Vorreiter im Ausbau von Qualitätsweinen. Der „Colli Euganei Rosso DOC“ ist der Wein der die Gegend zum Geheimtipp für Bordeauxfans macht. Er wird - für Italien eher untypisch - aus den Rebsorten Merlot, verschiedenen Cabernetsorten und Carmenere gekeltert, also den typischen Rebsorten, aus denen auch ein Chateau Petrus oder ein Lafitte Rothschild entsteht. Im Geschmack können die Weine mit den französischen konkurieren, aber im Preis liegen sie weit darunter. Und nein, sie sind keine Modeerscheinung, sondern die französischen Reben werden schon seit Mitte des 19. Jahrhunderts in den Euganeischen Hügeln angebaut. Dass die Cuvees inzwischen Weltrang haben ist den engagierten Winzern und Winzerinnen zu verdanken.

Ein ganz besonderer Wein ist auch der Fior dArancio Colli Euganei DOCG, ein aromatischer, spritziger Schaumwein aus der gelben Muskatellertraube, dessen duftiges Aroma an Orangenblüten erinnert. Meist lieblich wird er gerne zum Aperitif oder Dessert serviert und darf im Veneto bei keiner Hochzeitsfeier fehlen. Aber natürlich gibt es auch eine ganze Reihe interessanter Weißweine von Pinot Bianco über Sauvignon Blanc und Chardonnay bis hin zum typischen „Serpino“. Dieser leichte, spritzige Perlwein wird aus der Glera-Traube gemacht, der gleichen Rebsorte wie der Prosecco. Der wird hier natürlich auch hergestellt, nicht als Perlwein, sondern als Vino Spumante.

Individualisten und Quereinsteiger

An den Wochenenden ist das Weingut „Sengiari“ im Nordwesten des Naturparks ein beliebtes Ausflugsziel, nicht nur wegen seiner exzellenten Weine, sondern auch, weil man in dem modern gestylten Terrassenlokal mit gehobener regionaler Küche verwöhnt wird. An klaren Tagen, erzählt Winzer Stefano Dainese, sieht man von hier aus bis zum Markusplatz von Venedig.

Schon fast in der Ebene, im Norden der Colli, liegt das Weingut „Ca della Vigna“. Ein Architektenpaar kümmert sich hier um die Rebstöcke und empfängt seine Gäste in einem liebevoll restaurierten ehemaligen Wirtschaftsgebäude, das zu der prunkvollen Villa Emo di Capodilista gehört, die man als exklusives Feriendomizil mieten kann. Eine Weinprobe im Naturgarten des Paares, das zu seinen Naturweinen auch handwerklich hergestellte Spezialitäten der Region serviert, hat einen ganz besonderen Charme.

Immer mehr Weingüter stellen um oder bauen ihre Weine bereits biologisch an. CaLustra ist ein Familienbetrieb der das schon lange praktiziert und sich auch um besondere einheimische Rebsorten bemüht. In der rustikalen Enoteca sitzt man gemütlich bei Brotzeit und Weinprobe oder man genießt die Weine bei einem Konzert an einem, zum Weingut gehörenden, magischen Platz im Grünen. Schinken, Salami, Käse und deftige Würste gehören zu den Spezialitäten der Region, Polenta, Pferdefleisch und mancherorts sogar Eselfleisch-„Musso“ genannt- und natürlich feinstes Olivenöl. Typisch für die Gegend ist auch das Padovaner Huhn, eine uralte Hühnerrasse, die es nachweislich seit 500 Jahren gibt. Diese kecken Haubenhühner und Hähne sind allerdings lebend so putzig, dass man sie gar nicht verspeisen mag.

Radwege und Villen

Im 16., 17. und 18. Jahrhundert entdeckte der Venezianische Adel die Colli und baute sich hier prächtige Landhäuser und Villen für die Sommerfrische. In einigen kann man sich heute auch als Nichtadliger einmieten, beispielsweise im Castello di Lispida in Monselice. Übrigens: das Straßenpflaster Venedigs, und nicht nur das, besteht aus Trachyt, dem äußerst haltbaren Vulkangestein der Colli Euganei. Wer auf dem 65 km langen Radweg, dem „Anello dei Colli Euganei“, die Hügel umrundet, kommt an einigen Steinbrüchen vorbei, die zum Schutz der Natur inzwischen aufgelassen wurden. Die Euganeischen Hügel sind seit 1989 Naturpark und inzwischen ein Dorado auch für Wanderer und Radfahrer/innen. Entlang der „Strada del Vino dei Colli Euganei“ gibt es viele Übernachtungs- und Einkehrmöglichkeiten. Wer sich einen Überblick über die Geschichte des Weinbaus in den Euganeischen Hügel verschaffen möchte, der kann das anschaulich im Weinmuseum des Consorzio Vini DOC Colli Euganei in Vo.

Weitere Informationen unter https://www.parcocollieuganei.com
https://www.consorziovinicollieuganei.it
https://www.vignealta.it
https://www.sengiari.it
https://www.cadellavigna.it

https://www.calustra.it