lange Zügel

Die Spanische Hofreitschule in Wien

Es war ein simples „Ja“, welches das Leben von Andreas Hausberger gravierend veränderte. Und es kam nicht einmal von ihm, sondern von seiner Mutter. Ganz überraschend hatte die Spanische Hofreitschule bei ihm zu Hause angerufen und gefragt, ob er denn sofort kommen könne. „Er könne“ sagte seine Mutti prompt und legte somit den Grundstein zu einer bereits 31 jährigen Karriere an der ältesten und berühmtesten Reitschule der Welt.
Ganz so einfach war es natürlich nicht, wie immer im Leben. Die Hofreitschule hatte dem auf einem Gestüt in Niederösterreich mit Pferden aufgewachsenen Hausberger bereits zweimal abgesagt und der junge Mann hatte sich einen anderen Job besorgt. Natürlich mit Pferden.
Nur der Geistesgegenwart seiner Mutter war es zu verdanken, dass der heutige Oberbereiter der Spanischen Hofreitschule zu seinem Traumjob kam. Und dafür ist er noch heute dankbar.
Gegründet wurde die Spanische Hofreitschule bereits vor 450 Jahren zur Reitausbildung der kaiserlichen Familie. Heute ist sie nicht nur eine Institution, sondern seit 2015 auch Weltkulturerbe. Zur Ausbildung kommen nur weiße Lipizzaner Hengste, die auf dem Gestüt Piber geboren werden. Halt-nur weiße Pferde? Ein ganz geringer Teil bleibt dunkelbraun, fast schwarz. Und da die fama besagt, dass die Hofreitschule so lange bestehen wird, so lange dunkle Lipizzaner in der Ausbildung sind, hält man sicherheitshalber gleich drei davon.
„Die Pferde müssen sich wohlfühlen“, sagt Andreas Hausberger Oberbereiter der 16 Bereiter und einer Bereiterin, die erste Frau, die seit 2008 aufgenommen wurde . Mehrere hundert Anwärter bewerben sich jedes Jahr um die Aufnahme in der Reitschule, mehr als 80% bestehen nicht einmal die Aufnahmeprüfung. Der Rest ist „Blut, Schweiß und Tränen“, wie Hausberger die jahrelange Ausbildung beschreibt. Jeder Bereiter betreut sechs bis acht Pferde und eine sechs Tage Woche ist die Regel, nicht die Ausnahme.
Die wirklich freundlichen Lipizzaner haben es da besser. Die ersten 4 Jahre dürfen sie völlig unbeschwert in Piber auf der Koppel herumtoben, dann werden sie zugeritten und der Ernst des Lebens beginnt. Alle 115 Pferde wechseln in einer Art Rotationsverfahren von der Stallburg in der Stadt auf die ausgedehnten Weiden des Gutes Wetzdorf am Heldenberg. „Der Pferdehimmel“ kommt Andreas Hausberger ins Schwärmen. „Pferden ist es egal, ob sie in der wohl schönsten Reithalle der Welt laufen“, fügt der Oberbereiter an. „ Sie können aber sehr wohl Ehrgeiz im Wettkampf entwickeln“
Ende Juni bis Mitte August geht die Vorführzeit für die Schulhengste in der Winterreitschule am Michaelertor in Wien zu Ende. Dann übernehmen Pferdekollegen und Fohlen aus Piber das Programm. Im Sommer entspannen die Hengste nämlich am Heldenberg. Nach 90 Minuten Vorführung bei höchster Konzentration sind Pferd und Bereiter völlig erschöpft. Bis zum normalen Pensionsalter können die Bereiter auftreten. In Pension gehen will aber eigentlich keiner. „Es ist einfach ein Traumjob“ sagt Andreas Hausberger und wird nur bei der Bezahlung etwas zugeknöpft. „Genug“ ist die sibyllinische Antwort.
Die Pferde bleiben durchschnittlich bis zum Alter von 24 Jahren in der Vorführung. Danach beginnt das wahre Pferdeleben als „Pensionshengst“ auf der Koppel von Wetzdorf am Heldenberg oder als Zuchthengst in Piber.
„Dort sind sie im richtigen Pferdeparadies“ sagt Andreas Hausberger in seiner traditionellen Uniform und hat beim Weggehen ein leises Lächeln aufgesetzt, als er wieder zur täglichen Arbeit zurückkehrt. Vermutlich denkt er an seine Mutti und sagt leise „Danke“!

Quelle: eigen