Wie selbst ausgeschaltete Handys im Ausland Kosten produzieren
Im April vergangenen Jahres ging der Spuk los. Damals beschwerten sich die ersten Bürger nach Auslandsreisen über merkwürdige Gebühren auf ihrer Handy-Rechnung. Sie alle hatten Smartphones mit dem schnellen Surfstandard LTE dabei. Long Term Evolution (LTE) steht für mobiles Internet mit höchster Leistung. Und alle schworen Stein und Bein, dass sie am Urlaubsort lediglich in öffentlichen WLAN-Netzen unterwegs waren – weil sie aus Kostengründen bewusst ihr Mobilfunknetz abgestellt hatten. Dass trotzdem Datentransfers berechnet wurden, war ärgerlich. Inzwischen gibt es immer mehr Beschwerden über sogenanntes Geister-Roaming bei Auslandsaufenthalten – und die Gebühren, die dabei munter produziert werden. „Die drei deutschen Netzbetreiber O2, Telekom und Vodafone wissen um die Schwierigkeiten, die auftreten können“, sagt Michael Reifenberg, Sprecher der Bundesnetzagentur in Bonn. Betroffene Kunden könnten mit Kulanz rechnen.
Doch dazu müssten Smartphone-Besitzer erst einmal merken, dass sie wie von Geisterhand für etwas zur Kasse gebeten werden, das sie nicht einmal genutzt haben, wie Thomas Grund erklärt, Telekommunikationsexperte von Stiftung Warentest. Die meisten Deutschen sind gar nicht problembewusst. Sie haben schließlich gelernt: Nur wer im Ausland das Roaming auf seinem Handy ausmacht und WLAN-Verbindungen zum Surfen nutzt, kann sich vor teuren Kostenfallen schützen. Jetzt ist plötzlich wieder neue Wachsamkeit angesagt.
Verbraucherschützer Grund rät deshalb: Wer in diesen Tagen von einem Auslandsurlaub zurückkommt, solle die nächste Handy-Abrechnung genau kontrollieren. Will der Provider für Datentransfers Geld, obwohl Roaming und mobile Datenverbindung deaktiviert waren, sollten sich Betroffene sofort bei ihrem Netzanbieter melden, empfiehlt auch Jasmin Keye vom Onlinemagazin teltarif. Zwar ist das mysteriöse Datenvolumen typischerweise dann nur wenige Kilobyte groß. Trotzdem können bei manchen Smartphone-Tarifen auch schon kleine Mengen die Buchung eines kostenpflichtigen Datenpakets fürs Ausland auslösen – und der ahnungslose Handy-Nutzer hat automatisch eine Tagesflat am Hals, die er gar nicht braucht. Für die er aber täglich meist 2 bis 3 Euro in Rechnung gestellt bekommt.
„Wer zwei Wochen weg ist und jeden Tag zahlen soll, wird sich ganz schön ärgern“, berichtet Keye. Das Phänomen trete bei allen drei großen Mobilfunknetzbetreibern in Deutschland auf, sagt Netzagentursprecher Reifenberg. Die Firmen hätten kundenfreundliche Lösungen zugesagt sowie versprochen, jeden Einzelfall zu prüfen und falsche Gebühren zu erstatten. Die sehr kleinen Datenmengen durch Geister-Roaming weisen per se schon darauf hin, dass Kunden tatsächlich nicht aktiv im Netz unterwegs waren.
Nach Informationen der Bundesnetzagentur sind längst nicht alle Smartphone-Besitzer vom Geister-Roaming betroffen. Nur wer ein modernes Handy der vierten Generation (4 G) hat und einen Vertrag, der den schnellen Surfstandard LTE erlaubt, gehöre überhaupt zur „Problemgruppe“, gibt Reifenberg zu bedenken. Außerdem müssten im Reiseland LTE-Netze zur Verfügung stehen, was weltweit noch nicht überall der Fall ist. Das Ärgernis passiere offenbar immer dann, wenn Verbindungen aufgebaut werden und es keine klare Trennung zwischen Sprachtelefonie und Datenübertragung gebe, erläutert Reifenberg die bisherige Ursachenforschung. Trotz Roaming-Abschaltung werden netzintern wohl aktiv Daten an LTE-fähige Endgeräte gesendet und dazu kleinste Datenpakete heruntergeladen.
Noch ist Geister-Roaming laut Bundesnetzagentur kein Massenphänomen, das Millionen Handy-Besitzer trifft. Unzählige Bürger könnten die Extrakosten nach dem Urlaub nicht einmal bemerkt haben. Je stärker sich aber LTE-fähige Smartphones am Markt durchsetzen und der Ausbau der Netze voranschreitet, desto mehr Kunden könnten davon betroffen sein, sagt der Bonner Behördensprecher.
Mobilfunk-Kunden mit LTE-Geräten können jetzt nur eins tun, um sich im Ausland vor lästigen Kostenfallen durch Geister-Roaming zu schützen: Sie müssen zusätzlich zum Datenroaming noch „mobile Daten“ in den Handy-Einstellungen deaktivieren plus die LTE-Funktion ausschalten, raten die Experten von teltarif. Das geht. In der Betriebsanleitung des Geräts wird in der Regel erklärt, wie die LTE-Abschaltung funktioniert. Wer nicht weiter kommt, kann sich vom Provider helfen lassen. Alternativen: Das LTE-Handy gleich ganz daheim lassen oder die SIM-Karte vor dem Einschalten im Ausland herausnehmen, um das Gerät nur fürs Surfen in kostenfreien WLAN-Netzen zu verwenden.
Quelle: eigen
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