und das gilt durchaus im doppelten Sinne
Seit Wochen schmieden Bundesbürger schon wieder Reisepläne für den Sommer. Nur der frühe Vogel räumt die dicksten Frühbucherrabatte ab, kriegt die besten Flugverbindungen, sein Wunschhotel und das Okay vom Chef für die Terminplanung. Weil es so schön praktisch ist, buchen viele auch noch gleich den angebotenen Versicherungsschutz gegen Risiken wie Krankheit, Unfall oder Gepäckverlust mit dazu. Sicher ist sicher, auf die paar Euros mehr kommt es vielen auch nicht mehr an. Wer mit Paypal zahlt, kriegt seit neuestem sogar eine Reiserücktrittspolice geschenkt. „Wer sich nicht genau anguckt, was die Versicherungen überhaupt leisten, steht schnell im Regen, wenn es ernst wird“, warnt Bianca Boss vom Bund der Versicherten (BdV). Mitgebuchter Reiseschutz entpuppe sich meist als mangelhaft, unnütz, überteuert.
Reisebüros, Hotels und Internetportale wie Opodo, HolidayCheck, Expedia und andere legen den Kunden nahe, sich beim Buchen in einem Aufwasch gleich noch gegen jede Menge Reiserisiken abzusichern. Im Angebot sind oft nur Pakete. Darin werden Auslandskranken-schutz und Rück¬tritts¬police mit Produkten wie Unfall-, Gepäck- und auf die Ferien begrenzte Haftpflichtversicherungen kombiniert. Das alles zahlt der Kunde dann mit – auch wenn er die meisten Bausteine gar nicht haben wollte. Nur R¬ücktritts- und Abbruch¬tarife sind einzeln buchbar, wie Stiftung Warentest bei einer Marktanalyse herausfand. Auf die Qualität der Absicherung wird in der Situation kaum geachtet, gibt Boss zu bedenken: „So manche Urlauber wissen gar nicht, was sie im Schnelldurchlauf kaufen.“
Auch Paypal mischt jetzt am Markt mit. Der Bezahldienst bietet Mitgliedern, die einen Trip via Paypal bezahlen, eine kostenfreie Reiserücktrittsversicherung bis zu einer Höhe von 300 Euro an. „Das taugt nichts“, warnt Boss. Der Versicherer Europ Assistance, der mit Paypal zusammenarbeitet, verstoße mit dem Produkt gegen geltendes Recht. Er verlange höhere Gewalt als Grund für den Rücktritt von einer Reise. „Der Kunde hat damit nicht mal im Ansatz eine Chance, dass der Versicherer tatsächlich leisten muss“, betont Boss. Der Bund der Versicherten hat den Anbieter bereits abgemahnt.
Also doch lieber die Versicherungen, die beim Buchen mitverkauft werden? Nein, winken Verbraucherschützer ab. Sie sind eher zweite Wahl. „Die Konditionen der Paket-Bausteine sind oft nicht leistungsstark“, gibt Michael Wortberg zu bedenken, Versicherungsexperte der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. Wer Einzelpolicen direkt vom Versicherer kauft, kann in Ruhe die beste Lösung herauspicken. Jahrespolicen sind zudem günstiger und gelten für viele Reisen. Produkte wie etwa die private Haftpflicht taugen sowieso nicht zum Beimischen. „Sie ist die wichtigste Versicherung überhaupt und gehört für das ganze Jahr abgeschlossen, nicht nur im Urlaub“, betont Boss. Wer schon einen Vertrag hat, ist damit auch im Ausland abgedeckt. Mit der privaten Unfallversicherung verhalte es sich ähnlich: Wenn überhaupt, sei sie das ganze Jahr über sinnvoll, nicht nur in den Ferien. Eine Gepäckversicherung sei grundsätzlich überflüssig. Als Muss gilt die Auslandsreise-Krankenversicherung. Sie deckt teure Arzt- und Krankenhauskosten außerhalb der deutschen Grenzen ab. Sie ist die einzige Versicherung, die unbedingt ins Urlaubsgepäck gehört, betont Boss. Vielreisende sollten sich eine Jahrespolice zulegen. Eine gute Absicherung gibt es bereits ab 10 bis 15 Euro im Jahr. Erst wenn die Auslandspolice steht, ist an weiteren Schutz zu denken.
Je teurer die Reise und je früher gebucht, desto sinnvoller kann eine Reiserücktrittspolice sein. Sie schützt vor hohen Stornokosten. „Speziell diese Versicherung gehört lieber separat als Einzelvertrag direkt vom Versicherer abgeschlossen, und zwar ohne Selbstbeteiligung“, betont Boss. Portale und Reisebüros bieten aber meist nur Policen mit Selbst¬beteiligung von 20 Prozent der Storno¬kosten an. Das ist laut Stiftung Warentest deutlich unvorteilhafter. Beispiel: Eine Familie zahlt für den besten auf den Portalen erhältlichen Reise¬rück¬tritts-Tarif 64 Euro für eine einzelne Reise über 1.500 Euro. Sagt sie den Urlaub ab und muss 90 Prozent des Reise¬preises für die Stornierung zahlen, wird eine Selbst¬beteiligung von 270 Euro fällig. Hätte die Familie eine Jahrespolice direkt bei einem Versicherer gekauft, hätte sie sich für nur 58 Euro absichern können, ohne einen Cent aufbringen zu müssen.
Ärgerlich wird es, wenn Kunden der Meinung sind, sie schließen eine Einzelpolice für ihre aktuelle Reise ab – und im nächsten Jahr kommt plötzlich eine neue Beitragsrechnung, weil sich der Vertrag automatisch verlängert hat. „Darüber beschweren sich ganz viele Urlauber“, berichtet Wortberg. In ihrer Eile haben sie übersehen, dass sie einen Jahresvertrag abschlossen, etwa bei der Auslandskranken- oder Reiserücktrittsversicherung. Kündigt der Kunde nicht rechtzeitig, hat er die Zahlung ein zweites Mal am Bein – und zwar auch für alle Reisenden, für die er beim ersten Mal mitgebucht hatte. Das kann teuer werden. Der Beitrag kann sich im zweiten Jahr schlimmstenfalls verdoppeln, wie Stiftung Warentest herausfand. Wer Probleme mit seiner Versicherung hat, kann sich an eine Verbraucherzentrale vor Ort wenden.
Quelle: eigen
Share on Facebook