Wenn Bußgeld aus dem Ausland per Inkasso eingetrieben wird


Was tun, wenn Verkehrssünden aus dem Ausland kommen ?
Falsch geparkt, zu schnell gefahren, Verbotsschild übersehen: Teure Knöllchen aus dem Auslandsurlaub sind unbeliebte Souvenirs – und verunsichern Millionen Empfänger. Was tun mit dem Brief des Inkasso-Büros, das happige 106 Euro verlangt wegen einer Verkehrssünde in Bardolino am Gardasee? Zahlen oder ignorieren? Und was, wenn die Bußgeldstelle aus Österreich 170 Euro Strafe fordert wegen eines Tempoverstoßes. Zahlen, ja oder nein? Früher konnten deutsche Verkehrssünder solche Zahlungsaufforderungen aussitzen. Heutzutage sei das weniger ratsam, betont Hannes Krämer, Jurist des Autoclubs ACE in Stuttgart. Strafen aus fast allen EU-Staaten können hierzulande vollstreckt werden. Daneben boomt das Geschäft mit dem Eintreiben ausländischer Bußgelder durch Anwälte, Notare oder Inkasso-Firmen. Doch nicht in jedem Fall muss auch gezahlt werden.
Wer nicht vor Ort freiwillig sein Knöllchen zahlt, ist das Problem keineswegs automatisch los, sobald er das Urlaubsland verlässt. Die ausländische Bußgeld¬stelle darf den Halter des Autos ermitteln, etwa über eine Halter¬anfrage beim Kraft¬fahrt¬bundes¬amt. Dann stellt sie dem deutschen Verkehrssünder den Bußgeld¬bescheid zu. Bei Verstößen mit Mietwagen wendet sie sich an die Verleihfirma. „Jetzt sollten die Angeschriebenen prüfen: Ist der Vorwurf berechtigt, habe ich zur genannten Zeit tatsächlich falsch geparkt, mit dem Handy am Steuer telefoniert oder bin zu schnell gefahren“, rät Krämer. Die Forderung muss auf deutsch formuliert sein, sonst kann sie gleich ignoriert werden. Wer zahlt, hat alles vom Tisch. Viele Länder wie Frankreich oder Italien locken gar mit Rabatt für Schnell¬zahler. Bei Nicht-Zahlung verläuft die Sache mit etwas Glück entweder im Sand. Oder: Weitere Schreiben folgen und es wird teurer.
Fakt ist: Ausländische Behörden dürfen in Deutsch¬land nicht selbst Bußgelder eintreiben. Aber: Auf Anfrage über¬nimmt das Bundes¬amt für Justiz (BfJ) das Geldeintreiben, und zwar ab 70 Euro aufwärts. Dieser Betrag sei schnell erreicht, weil die Verfahrenskosten dazuzählen, mahnt der ADAC zur Vorsicht. Mit Österreich gibt es die Sonderregelung, dass schon ab 25 Euro voll¬streckt werden darf. Das heißt aber noch nicht, dass sich das Reiseland auch in jedem Fall tatsäch¬lich ans BfJ wendet. Fast allen EU-Mitglied¬staaten ist es zwar möglich, Bußgelder via BfJ eintreiben zu lassen. Aber nicht alle tun es so konsequent wie etwa die Niederlande oder Österreich. Urlauber können zunächst einmal abwarten.
Meldet sich das BfJ, hat der Empfänger zwei Wochen Zeit, zu antworten. „Manchmal sind angebliche Verstöße nach deutschem Recht gar nicht sanktionierbar, etwa, wenn Fahrer von hinten geblitzt wurden“, erklärt Krämer und betont: „In Deutschland gibt es die Fahrerhaftung, ein Foto von hinten reicht nicht als Beweis.“ Krämer rät dazu, die offizielle Post vom BfJ ernst zu nehmen, gegebenenfalls durch Verkehrsrechtsexperten prüfen zu lassen und berechtigte Forderungen zu zahlen. „Wer nicht zahlt, muss sich auf den Gerichtsvollzieher einstellen, auf Gehaltspfändung, das ganze Programm“, so Krämer. Keine Angst müssen Verkehrssünder davor haben, dass sie für ihre Verstöße im Ausland auch noch Punkte in Flensburg bekommen oder gar den Führerschein verlieren. Wer Bußgelder aus Nicht-EU-Ländern wie etwa Norwegen, Liechtenstein oder der Schweiz bekommen hat, sollte wissen: Diese Staaten können nicht das BfJ einschalten, also nicht vollstrecken.
Was besonders stark verunsichert, ist Post von Inkasso-Firmen, Notar- und Anwaltskanzleien, die zur Zahlung von Bußgeldern aus dem Ausland auffordern. 2017 seien über eine halbe Million Deutsche auf diese Weise zur Kasse gebeten worden, wie ADAC-Jurist Michael Nissen berichtet: „Das Geschäft floriert.“ Mal ging es um Parken ohne Ticket in Kroatien, um Mautverstöße oder die Einfahrt in verkehrsberuhigte Innenstädte in Italien. Wegen hoher Inkassogebühren kann aus einem kroatischen Parkknöllchen über 13 Euro am Ende plötzlich eine Forderung über 407 Euro werden. Völlig überzogen, mahnt Jurist Krämer zur Vorsicht. Und rechtlich oft fragwürdig. Denn: Wollen etwa Kommunen wie Bardolino oder Bußgeldstellen in Dänemark öffentlich-rechtliche Bußgelder in Deutschland eintreiben, müssen sie den offiziellen Weg über das BfJ gehen. Das Einschalten von Inkassobüros sei häufig eine zahnlose Drohung, heißt es beim ADAC. Die beauftragten Firmen und Anwälte setzten darauf, dass der Ange¬schriebene auf Druck freiwil¬lig zahlt.
Wer Post vom Inkassobüro bekommt, sollte zur Sicherheit erstmal den Forderungen widersprechen, rät Krämer. Ist der Fall kompliziert, sollten Angeschriebene Rechtsrat einholen. Knifflig kann es werden, wenn es um privatrechtliche Forderungen geht, etwa wegen nicht bezahlter Gebühren für italienische Autobahnen. Manchmal geht die Schranke hoch, ohne dass die Maut an Ort und Stelle von der Kreditkarte abgebucht wurde. Dass auf der Quittung "mancato pagamento" steht, also "keine Zahlung", übersehen viele. Private Mautbetreiber schalten dann gern das Florentiner Inkasso-Unternehmen NiviCredit ein, neuerdings auch deutsche Anwälte, die Mahnverfahren einleiten. „Nach unserer Auffassung sollten Angeschriebene nur den offenen Mautbetrag plus Gebühren für die Halterauskunft zahlen“, sagt Krämer.
Wer nicht zahlt und über Monate hinweg nichts mehr hört, ist noch lange nicht aus dem Schneider. Rechtskräftige Bußgeldbescheide und Gerichtsentscheidungen bleiben vor Ort vollstreckbar. Reist jemand nochmals in das Land ein, in dem er als Verkehrs¬sünder erwischt wurde, muss er mit Konsequenzen rechnen. Manchmal fliegt die offene Geldbuße bei der Pass¬kontrolle am Flughafen auf, manchmal bei einer Verkehrs¬kontrolle. Je nach Land gibt es unterschiedliche Verjährungsfristen, in Spanien sind es beispielsweise vier Jahre, in Italien fünf. In jedem Fall wird es dann richtig teuer, wie Krämer betont

Quelle: eigen

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