Wie es bei Flugärger Geld zurück gibt

Auch Pauschalurlauber haben Anspruch auf Entschädigung
Mal hebt der Flieger erst Stunden später ab. Mal wird die Abflugzeit vorverlegt. Manchmal wird auch der Airport geändert, statt Berlin ist plötzlich Dresden angesagt. Oder die Maschine fällt ganz aus, Start verschoben auf den nächsten Tag. Es gibt kaum einen Urlauber, der solchen Reiseärger nicht schon erlebt hat. Doch nur jeder Fünfte kennt seine Rechte und weiß, welche Flugprobleme er hinnehmen muss und welche nicht – und wann er definitiv Geld zurückverlangen kann, wie eine neue Umfrage des Reiseportals Urlaubspiraten.de zusammen mit dem Rechtsportal Flightright ergab. „Ansprüche erkennen und dann auch richtig geltend machen ist gar nicht so einfach“, sagt Michael Hummel, Jurist bei der Verbraucherzentrale Sachsen. Wie Pauschalreisende zu ihrem guten Recht kommen..

Wenn der Flughafen wechselt:
Seit Juli 2018 gilt ein neues Reiserecht für Pauschalreisen. Veranstalter können danach den Reiseablauf noch nach der Reise¬buchung einseitig verändern - wenn im Kleingedruckten des Reise¬vertrages ein sogenannter Änderungs¬vorbehalt steht und die Veränderung „unerheblich“ ist. Davon werde auch munter Gebrauch gemacht, wie Hummel erklärt. Selbst wenn es um gravierende Änderungen geht wie einen Flugplatzwechsel. So passiert es etwa, dass Urlauber eine Reise ab Stuttgart gebucht haben, der Abflughafen aber nach München verlegt ist. Oder: Rückkehrer sollen nach Paderborn fliegen statt wie gebucht nach Leipzig. Wer mit folgenreichen Änderungen beim Abflug- oder Rückflughafen konfrontiert wird, hat folgende Optionen: Entweder er tritt kostenfrei zurück. Oder er akzeptiert die Änderungen, verlangt aber eine Minderung des Reisepreises. Der Veranstalter muss bei einem Flughafenwechsel nicht nur einen Teil des Preises erstatten, sondern auch den nötigen Bus- oder Bahn-Transfer zum ursprüng¬lich vereinbarten Airport zahlen.

Wenn es Flugzeitenänderungen gibt:
Eigentlich sollte Familie Maier um 07.30 Uhr nach Ägypten fliegen. Ein paar Tage vor der Abreise ist der Abflug aber plötzlich auf 17.30 Uhr verlegt. Das bedeutet für die Maiers: Ein Tag Urlaub geht ihnen flöten. Wie ärgerlich. Manchmal kommt der Schock auch erst in den Ferien: Wenn der Veranstalter etwa am Tag vor der Abreise mitteilt, dass der Rück¬flug um elf Stunden vorverlegt ist und die Urlauber sich schon nachts zur Abfahrt fertig machen sollen. Verschobene Abflugzeiten sind zur Unsitte geworden, wie Reiserechtsexperten von Stiftung Warentest kritisieren. In solchen Fällen gilt die grobe Faustregel: Änderungen von bis zu vier Stunden müssen Kunden wohl oder übel akzeptieren. Erst ab fünf Stunden ist von einer erheblichen Vertrags¬änderung auszugehen – und sie können sich zur Wehr setzen.

Das sind die Optionen:
Das neue Reiserecht sieht dann Folgendes vor: Der Veranstalter kann Kunden vor die Wahl stellen, kostenfrei von der Reise zurückzutreten. Dann wird der Reisepreis zurückgezahlt. Außerdem ist eine Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit möglich oder Ersatz für vergebliche Ausgaben wie Visa- oder Impf¬kosten. Ab der fünften Stunde Verschiebung kann es je ange¬fangener Stunde 5 Prozent Nach¬lass auf den Tages¬reise¬preis geben, so Stiftung Warentest. “Ein Rücktritt ist aber für viele Pauschalurlauber nicht erste Wahl, sie wollen ja los in die Ferien“, berichtet Hummel. Eine Alternative kann sein, selbst Flüge zu buchen und die Kosten dem Reiseveranstalter in Rechnung zu stellen (Amtsgericht Hannover, Az. 554 C 12854/15). Das geht, muss aber vorfinanziert und notfalls erstritten werden. Wer mitfliegen will, dem bleibt letztlich keine andere Wahl als die Flugzeitenänderung hinzunehmen und die beschriebene Minderung des Reisepreises innerhalb von zwei Jahren beim Veranstalter geltend zu machen. “Leider fällt die Minderung erfahrungsgemäß gering aus, mehr als ein paar Dutzend Euro ist oft nicht drin“, so Hummel.

Das lohnt mehr:
Für Pauschal¬reisende kann es viel schlauer sein, eine Verspätungs-Entschädigung direkt bei der Airline anzumelden statt ein paar Euro vom Veranstalter zu erstreiten. Die europäische Fluggastrechteverordnung macht es möglich. Danach gilt: Ist der Flieger drei oder mehr Stunden später als angekündigt am Ziel oder wurde er komplett annulliert, haben sowohl Pauschalurlauber als auch Nur-Flug-Kunden Anspruch auf 250 bis 600 Euro Entschädigung von der Fluggesellschaft. Voraussetzung: Die Passagiere sind in einem EU- Land gestartet. Oder sie fliegen von einem Drittstaat in die EU und die Airline hat ihren Sitz in der EU. Wie viel Ausgleich möglich ist, richtet sich nach Strecke und Ankunft am Endziel. Keinen Cent gibt es, wenn Reisenden mindestens zwei Wochen vor Abflug über eine Annullierung informiert wurden. Läuft in einem Urlaub einmal ganz viel schief, können Pauschalurlauber also von zwei Stellen Geld bekommen: Einen Preisnach¬lass vom Veranstalter für eine mindestens fünfstündige Flug¬verschiebung oder einen Flughafenwechsel. Und zweitens, wenn der verschobene Flug dann mehr als drei Stunden verspätet ankommt, eine Entschädigung direkt von der Air¬line. „Juristisch sind die beiden Ansprüche strikt zu trennen, kümmern muss sich der Urlauber in jedem Fall immer selbst“, betont Hummel. Wer zwei Mal Geld für den gleichen Flugärger anstrebt, sollte wissen: Es wird gegengerechnet. Wer Unterstützung bei seinen Ausgleichsforderungen braucht, kann sich an eine Verbraucherzentrale vor Ort wenden, an einen auf Reiserecht spezialisierten Anwalt oder an Portale für Fluggastrechte im Internet.

Quelle: eigen

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