Urlauber müssen sich weltweit auf hohe Kosten einstellen
Gut 250 Dollar, also etwa 224 Euro, für ein kleines Leihauto auf Hawaii. Pro Tag. Über 800 Euro für sechs Tage Mietauto auf Mallorca, fast doppelt so viel wie noch vor zwei Jahren: Wer seinen Sommerurlaub plant und vor Ort mobil sein will, kriegt im Moment Schnappatmung. Schluss mit Dumping-Preisen. Ein Auto mieten belastet in diesem Jahr die Urlaubskasse besonders stark, und zwar fast überall auf der Welt, wie Frieder Bechtel berichtet, Sprecher des Vergleichsportals billiger-mietwagen.de. Die Preise liegen im Schnitt 54 Prozent höher als noch vor einem Jahr, in Deutschland sind es rund 20 Prozent mehr. In beliebten Mittelmeerregionen wie Spanien, Italien oder Griechenland sind Leihautos mehr als doppelt so teuer wie noch 2020. Mit den aktuellen Lockerungen für den Tourismus sind die Preise davongezogen. Die Nachfrage ist riesig, das Angebot begrenzt. „Früh buchen ist ratsam, im Hochsommer könnte es noch teurer werden – wenn es überhaupt noch Leihwagen gibt“, betont Bechtel.
Warum sind Mietwagen so teuer geworden?
Viele Vermieter mussten in der Corona-Krise kräftig sparen – und verkauften 2020 so viele Autos wie möglich, um sich über Wasser zu halten. „Vor der Pandemie gab es gut 100.000 Mietwagen allein auf Mallorca, die wurden zum Großteil abgestoßen“, berichtet Bechtel. Der weltweite Anbieter Hertz veräußerte dem Vernehmen nach etwa zwei Drittel seiner Flotte. Jetzt, da die Reisefreiheit zurückkehrt, lassen sich die stark dezimierten Flotten gar nicht so rasch wieder hochfahren. "Viele Vermieter haben während der Corona-Pandemie ihre Flotten verkleinert, und nicht alle sind in der Lage, ihre Kapazitäten entsprechend der steigenden Nachfrage kurzfristig zu erhöhen", sagt auch Andreas Schiffelholz vom Vergleichsportal Check24. Dazu kommt: Die Autohersteller können wegen des weltweiten Halbleitermangels aktuell nicht so viele Neuwagen liefern wie bestellt. Und wie jetzt in den Ferienregionen gebraucht würden. „Knappe Güter, hohe Preise für die Kundschaft“, fasst Bechtel die Entwicklung zusammen.
Was können Kunden tun?
Wer im Urlaub nicht auf einen Mietwagen verzichten möchte, muss im zweiten Corona-Sommer wohl in den sauren Apfel beißen und für die Mobilität am Ferienort tiefer in die Tasche greifen. Die früheren Billigpreise in begehrten Regionen gibt es nicht mehr. Früh genug buchen sei ratsam, empfiehlt Bechtel. Zum einen sind jetzt noch ausreichend Fahrzeuge für die Hochsaison zu mieten. Zum anderen lässt sich eine Mietwagenbuchung notfalls bis zu 24 Stunden vor Abholung kostenfrei stornieren. Das Reservierungsrisiko für Frühbucher ist damit überschaubar. Wer aktuell versucht, beispielsweise bei Sixt oder Europcar ein Auto für die erste Augustwoche auf Mallorca zu buchen, muss ab Flughafen für einen Kleinwagen zwar bereits deutlich über 100 Euro bezahlen. Auf bessere Preise warten oder auf Last-Minute-Schnäppchen spekulieren ist aber keine Alternative. „Billiger wird’s garantiert nicht, eher noch teurer“, betont Bechtel. Mit sinkenden Inzidenzzahlen steige die Nachfrage weiter. Auch von Vermieterseite wird die Tendenz bestätigt. Sixt-Patriarch Erich Sixt sagte vor kurzem: „Wir werden so hoch gehen, wie es uns der Markt erlaubt und was wir den Kunden gegenüber verantworten können." Wer sich erst kurz vor Reiseantritt im Hochsommer zur Mietwagenbuchung entschließt, dürfte wahrscheinlich gar kein Fahrzeug mehr bekommen.
Gibt es noch günstige Destinationen?
Ja, Wer in seiner Ferienplanung flexibel ist und nicht unbedingt nach Mallorca, Ibiza, Hawaii, Mexiko oder Großbritannien reisen will, sollte sich umschauen, rät Bechtel. Griechenland sei für Mietwagen-Interessenten noch vergleichsweise günstig. Auch in Portugal, das sich aktuell erst vorsichtig öffnet, sind Leihautos relativ preiswert zu buchen. Je nach Region kosten sie im Schnitt bis zu 20 Prozent weniger als noch 2019. In der Türkei sind die Preise noch stärker gesunken und 30 Prozent günstiger als noch vor der Pandemie. Das Land gilt allerdings nach wie vor als Hochinzidenzgebiet. Auch in Dänemark finden Reiselustige mit durchschnittlich bis zu 20 Prozent niedrigeren Gebühren momentan noch preiswerte Angebote, so Bechtel. Je unbedenklicher die Destination wird, desto stärker dürften die Preise in der Hochsaison steigen.
Was ist mit Buchungen vor Ort?
Wer sich alle Optionen offenhalten und erst in Urlaubslaune am Ferienort einen Leihwagen mieten will, läuft Gefahr, leer auszugehen – oder vor verschlossenen Türen zu stehen. Zwar sind nicht allzu viele Autovermieter ganz vom Markt verschwunden, wie Bechtel erklärt. Allerdings haben viele Anbieter Personal reduziert und Stationen an kleineren Flughäfen oder in kleineren Städten komplett geschlossen. Schnell mal am Airport oder im Hotel ein Auto nehmen, wie früher oft üblich, ist also kein guter Plan. Wer es schafft, ein Auto direkt am Urlaubsort zu ergattern, braucht wenigstens keine Angst mehr zu haben, teure Zusatzversicherungen oder Upgrades in eine höhere Fahrzeugklasse aufgeschwatzt zu bekommen. „Die Preise sind teuer, aber ehrlicher geworden“, sagt Bechtel. Grundsätzlich ist es für Touristen sinnvoll, schon von zu Hause aus zu buchen. Günstiger und sicherer geht kaum, wie Peter Grieble, Versicherungsexperte der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg betont. Beim vorab Buchen bekommt der Kunde einen deutschen Vertrag. Im Streitfall sind zudem hiesige Gerichte zuständig. Außerdem kriegen die Urlauber Inklusivpreise angeboten. Ausreichende Versicherungen, Deckungssummen und Leistungen stecken da schon drin.
Vorsicht, Privatanbieter
Wer am Ferienort oder in Hotelnähe von Einheimischen ein Privatauto gegen Cash angeboten bekommt, sollte auf der Hut sein. An Flughäfen werden solche Offerten normalerweise unterbunden, weiß Bechtel aus Erfahrung. Doch die Chance, in Pandemiezeiten mit Touristen ein paar Euros dazuzuverdienen, ist vielerorts verlockend. Urlauber sollten wissen: Wer sich aus der Laune heraus ein Privatauto leiht, um einen Tag lang über die Insel zu brausen oder das Landesinnere zu erkunden, riskiert viel. Vor allem im Ausland. Alternative: Sich nach offiziellen Mietbörsen umschauen, die mehr Sicherheit bieten. In den USA ist es beispielsweise in vielen Städten möglich, spontan Privatwagen von Einheimischen auszuleihen. Auch in Deutschland gibt es ähnliche Angebote. Die Vermittlungsplattform SnappCar zum Beispiel bringt Autobesitzer und Menschen ohne Auto zusammen.
Quelle: eigen
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