die Muschel zeigt es an
Radelnder Pfarrer knüpft Wegenetz für Pilger
„Es war ein Zeichen des Himmels“, ist sich Jürgen Nitz sicher, „als uns ein anonymer Spender 25 000 Euro gegeben hat, um unsere Arbeit ausbauen zu können.“ Der Pfarrer der Kauferinger Paulus-Gemeinde ist dem Mann ewig dankbar, denn ohne die Finanzspritze des Gönners wäre das Projekt „Jakobus-Radpilgerwege“ in Bayern wohl niemals möglich gewesen. Inzwischen haben Nitz und seine vielen Helfer aus dem ADFC Landsberg ein dichtes Netz an Radwegen mit der gelben Jakobsmuschel auf hellblauem Grund markiert. „Heuer werden wir die letzten Lücken im Netz schließen und den Radpilgern im Freistaat ein umfassendes Angebot machen können.“
Radpilgern als besondere Er-Fahrung
Der 62-jährige Fahrrad-Enthusiast Nitz sprüht vor Tatendrang und Vorfreude: “Mit dem Radl entlang der uralten Jakobs-Pilgerwege zu beeindruckenden Kirchen und Kapellen zu fahren, ist eine ganz besondere Er-Fahrung“, schwärmt der Gottesmann, „es berührt die Menschen sehr, auch solche, die mit Gott und mit Religion nichts am Hut haben!“ Vor 15 Jahren entstand das „Radpilgern“, als Nitz mit einem Dutzend Gleichgesinnter von Landsberg nach Taize in Burgund gestrampelt ist. Danach gings im Sattel nach Rom und 2016 hatte Nitz die Idee, auf den Spuren Martin Luthers von Augsburg nach Wittenberg zu fahren: „Der ca.800 Kilometerlange ‚Lutherradweg‘ war unser Beitrag zum ‚Lutherjahr‘ der Evangelischen Kirche, es wurde ein fulminanter Erfolg!“ Nach zwei Jahren Planung beschrieb das Nachrichtenportal “Spiegel online“ diese Tour:“ Als diese Reportage erschien, brach der Surfer des Dekanats in München zusammen, so viele Menschen wollten Informationen dazu und die Strecke abradeln.“ Inzwischen liegt die Entschleunigung von Körper und Geist auf dem Fahrrad voll im Trend.
Bürokratie macht den Weg schwer
Der Hype um den Lutherradweg war Auslöser dafür, noch mehr Strecken für Radpilger auszuschildern und anzubieten. Keine leichte Sache, so Nitz, die längst berüchtigte deutsche Bürokratie macht das Anbringen der Jakobsmuschel als Wegzeichen nicht einfach: “Es war und ist zum Teil furchtbar mühselig,“ stellt Nitz nüchtern fest. Doch seine Hartnäckigkeit setzte sich durch. Unterstützt von vielen ehrenamtlichen Helfern erkundete der Radl-Pfarrer Tausende von Weg-Kilometern, markierte den Verlauf, fand Kirchen zur geistigen Einkehr und Herbergen fürs leibliche Wohl. Im Laufe der Jahre kamen auch immer mehr kommunale Bauhöfe entlang der Wege zu Hilfe, problematisch war aber immer die Finanzierung:“ Einhundert Kilometer Radpilgerweg von der Erkundung bis zur finalen Markierung kosten etwa 1000 Euro“ rechnet Nitz vor. Da kam die großzügige und bis heute immer mal wieder aufgestockte Spende aus Kaufering gerade recht. Die evangelische Landeskirche Bayern bezahlt die Erkundungsfahrten und stellt alle Informationen online auf ihre Homepage.( https://www.bayern-evangelisch.de/radpilgern.php )
Die Seele geht auf Reisen
Inzwischen durchziehen 3200 Kilometer Radpilgerrouten den Freistaat, zum Beispiel in 14 Tagesetappen über 500 Kilometer von der St.Lorenz-Kirche in Hof bis zur Jakobuskapelle in Nonnenhorn am Bodensee, dem historischen Endpunkt vieler Jakobspilger, von dem aus sie sich über den See in die Schweiz übersetzen liessen. Normalerweise ist Nitz mit 15 bis 20 Pilgern on tour, dann wird er vom „Herrn Pfarrer“ zum „Jürgen“, verweilt beim Gebet in kurzen Radlerhosen in Kirchen und genießt abends gute lange Gespräche in der Herberge: “Radpilgern hat einen ganz eigenen Charme,“ sagt er,“ die Seele geht auf Reisen, im Kopf breitet sich eine große Stille aus, das gemeinschaftliche Erlebnis verbindet die Radler.“
Für das Jahr 2023 plant der radelnde Pfarrer Grosses: dann soll ein markierter Jakobus-Rad-Pilgerweg von Prag nach Nürnberg führen, rechtzeitig zur Eröffnung des dort stattfindenden Deutschen Evangelischen Kirchentages Anfang Juni.
Quelle: eigen
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